Das Wunder ist das Leben

Das Wunder ist das Leben

Rückblick auf Filmtagung

Ein Rückblick auf die diesjährige Filmtagung der Akademie vom 25. bis 27. Februar 2011

Eine „wunderbare Einsicht“ habe ihr das jüngste Filmseminar der Evangelischen Akademie verschafft, meint Angelika Obert. Die Filmbeauftragte der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz blickt zurück auf die interreligiöse Tagung „Manchmal hilft nur ein Wunder. Heil und Heilung im Film“. Vier preisgekrönte Filme zeigten dort aus christlicher, muslimischer und buddhistischer Perspektive, wie verschieden und verwandt die Wege der Spiritualität in der heutigen Zeit sein können. Wie die „wunderbare Einsicht“ beschaffen ist, erfahren Sie, wenn Sie weiterlesen. Sie können den Artikel auch hier (PDF-Dokument, 50.5 KB) downloaden.

 

Das Wunder ist das Leben
Angelika Obert, Filmbeauftragte der EKBO, über die Tagung "Manchmal hilft nur ein Wunder. Heil und Heilung im Film“

Glaube kann heilen. Davon erzählt nicht nur die Bibel, das wird mittlerweile auch von Hirnforschern erkundet. Leib und Seele sind tief miteinander verwoben, Religion und Medizin  berühren sich. Aber wie?
Mit Heilung verbindet die Religion allerdings noch mehr als Gesundheit, mindestens einen Zuwachs an Erkenntnis. Eine innere Wandlung, die persönlich wohl immer als „Wunder“ erlebt wird.
Um die Frage nach dem Heilungswunder ging es beim gut besuchten, interreligiösen Filmseminar, das die Evangelische Akademie nun schon traditionell jährlich im Februar veranstaltet. Filme sind ja oft fürs wunderbare Heilwerden von Mensch und Welt zuständig, vor allem für den Sieg des Guten über das Böse. Hier aber stand die filmische Tröstung nicht zur Debatte. Es wurden vielmehr Filme gezeigt, die sich auch skeptisch mit der Sehnsucht nach Heil und Trost auseinander setzten und das auf jeweils verschiedenem religiösen Hintergrund.
Doch nur vordergründig ließen sich die Filme einordnen als typisch „katholisch“, „evangelisch“, „muslimisch“ oder „buddhistisch“. Unterschwellig vermischten sich die Einflüsse und Wahrnehmungsweisen in den Erzählungen. Darum war der Vergleich von religiösen Verschiedenheiten beim Filmgespräch gar nicht so wichtig. Die universellen Fragen nach persönlicher Erneuerung und Versöhnung, nach der heilsamen seelischen und sozialen Balance stellten sich immer ähnlich und niemals theologisch ganz korrekt.
Sollte nicht überhaupt zuerst einmal über das gestörte Gleichgewicht zwischen den Kranken und den Gesunden nachgedacht werden? Diese Vermutung legte der Film „Lourdes“ von Jessica Hausner nah, der das Heilungs-Treiben an diesem besonderen Ort genau und liebevoll beobachtet. Es wurde dabei sehr sichtbar, wie wacklig sich hier gerade die Helfenden befinden, wie unsicher sie sind im Umgang mit dem Leiden der Gelähmten. Muss es so sein, dass die Kranken und die Gesunden auf verschiedenen Sternen leben? Lourdes ist jedenfalls ein Glaubens-Ort, an dem sich die Gewissheiten auflösen. Ein Ort, der den Kranken gehört und der die Gesunden verstört.
Davon, dass der Glaube keine Sache der leichten Gewissheit ist, erzählte auch „Shahada“, ein Film, in dem drei junge Muslime in Berlin-Kreuzberg durch schwere Lebenskrisen gehen. Sie müssen sich neu orientieren, ihre Religion macht es ihnen dabei nicht leicht. Sie ist kein heilsamer Trost, sondern eher der Stachel in ihrem Fleisch, die Herausforderung des Gewissens. Der Film entlässt sie nicht geheilt, nur verändert. Er verzichtet auf eine feste Vorstellung von Heil und Heilung.
Dafür entschädigte die Tagungsbesucher dann „Wie im Himmel“, der schwedische Film, in dem sich ein ganzer Dorfkirchenchor in eine fröhliche, wunderbar solidarische Gemeinschaft verwandelt. Der Regisseur Kay Pollack will  zeigen, dass das „Reich Gottes“ tatsächlich „mitten unter uns“ ist und nur entdeckt werden muss. Das Mittel ist hier die Musik, die nicht „gemacht“ werden darf, sondern aus dem Hören entsteht, weil sie immer schon da ist. Ängste und Fixierungen lösen sich, weil die Menschen achtsam werden für die Gegenwart der spirituellen Schwingungen.  
So schnell geht es im Buddhismus nicht. Die Heilung, hier eher: die Vollendung, wird im koreanischen Film „Frühling, Sommer, Herbst, Winter... und Frühling“ nur auf einem lebenslangen, einsamen Übungsweg erreicht, dafür aber um so machtvoller. Der Meister empfängt nicht nur spirituelle Kraft, er vereinigt sich mit ihr. Das mag geschehen, wenn er eins geworden ist mit dem Geheimnis des Diamant-Sutras, das Franz-Johannes Litsch von der buddhistischen Akademie so zusammenfasste: „Buddha ist nicht der Buddha, deshalb ist er der Buddha“.
Solch langer Übungsweg zu fernem Ziel bleibt für europäische Gemüter ein unerreichbares Faszinosum. Der kurze gemeinsame Weg durch das interreligiöse Filmseminar führte immerhin zu der wunderbaren Einsicht: Heilung geschieht durch Wandlung. Es geht immer wieder neu darum, sich von den eigenen Fixierungen zu lösen.

Ein Artikel von Angelika Obert
veröffentlicht in „Die Kirche“ Nr. 11, Seite 15 am 13. März 2011

 

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