An welchen Gott wir glauben

Nachlese: Was ist ein dreieiniger Gott?

„An welchen Gott wir glauben“ (1)

Das Sterben hat sich der Wittenberger Theologe Philipp Melanchthon als einen „Übergang in die Akademie des Sohnes Gottes und der Seligen im Himmel” vorgestellt – er ging davon aus, dass ihm dort der Gesprächsstoff nie ausgehen würde. Außerdem hoffte er, dass ihm dann endlich jemand die Trinität erklären könne. Trinität – die Dreifaltigkeit des einen Gottes - ist für viele Christinnen und Christen ein schwer verständliches Dogma. Gleichzeitig hat die akademische Theologie das Thema in den vergangenen Jahrzehnten geradezu neu entdeckt; viele jüngere Theologen rücken es in den Mittelpunkt ihres Nachdenkens.

Was schon innerhalb der eigenen christlichen Religion Fragen aufwirft, ist für die anderen monotheistischen Religionen eine umso größere Herausforderung. Juden wie Muslimen ist die Dreifaltigkeit Gottes fremd, oft wird sie mit der Abkehr vom Glauben an den einen Gott gleichgesetzt.

Es war also ein ambitioniertes Unterfangen, das Thema Trinität an den Anfang einer Dialogreihe der Religionen zu setzen. Äußerer Anlass für die Veranstaltungsreihe „An welchen Gott wir glauben“, die am 22. September 2014 mit der Fragestellung „Was ist ein dreieiniger Gott?“ eröffnet wurde, waren Planungen für ein „House of One“: In Berlin soll ein erstes gemeinsames Bet- und Lehrhaus für Christen, Juden und Muslime entstehen.

Die Absicht der dreiteiligen Gesprächsreihe ist die theologische Auskunftsfähigkeit in eigener Sache und die Förderung des Miteinanders im theologischen Gespräch unterschiedlicher Religionen. Wie können wir anderen das erklären, was in Gesprächen immer wieder zum theologischen Hindernis wird? Wie kann man anderen etwas deuten, das einem selber nicht ganz klar ist? Ausgewählt wurden bewusst Themen, die irritieren und manchmal auch beunruhigen: Scharia, Auserwähltes Volk und eben Trinität.

Anspruch der des ersten Teils der Reihe war es, die christliche Trinität so erläutern, dass Juden und Muslime verstehen, was gemeint ist. Damit war die Hoffnung verbunden, auch Missverständnisse auszuräumen, die dem Miteinander der Religionen im Weg stehen. Die besondere Schwierigkeit im Blick auf die Trinitätslehre ist die Tatsache, dass sie nicht in der Bibel steht, sondern erst im 3. Jahrhundert entwickelt wurde.

Der Paderborner Theologe Professor Dr. Klaus von Stosch, der sich seit vielen Jahren mit dem Thema Trinität im Dialog mit islamischer Theologie beschäftigt, machte deutlich, dass er die verbreiteten Konzepte der sozialen Trinitätstheologie beispielsweise bei Jürgen Moltmann für problematisch hält. Der Grundgedanke, Gott als liebenden Gott zu denken, der ein Gegenüber in sich selber braucht, beinhalte immer die Gefahr des Tritheismus, also von drei Personen, die man nicht mehr als einen Gott zusammen denken könne. Auch Gott relational zu denken, hält von Stosch nicht für ausreichend, weil auch hier spekulativ entfaltet wird, wie Gott in sich sei. Dies sei eine letztlich für Juden und Muslime nicht nachvollziehbare christlich-theologische Konstruktion, mit der sich auch viele Christinnen und Christen schwer tun.

Das Wesen Gottes, so von Stosch, sei vielmehr aufgrund heilsgeschichtlicher Erfahrungen zu entfalten. Es gehe um Erfahrungen mit Gott, die in allen Religionen zu entdecken seien. So wird beispielsweise der Ruf Gottes im Wort von allen drei Religionen bezeugt. Ebenso die Erfahrung des Geheimnisses Gottes, der immer größer ist als ich selbst.

In der Diskussion betonte Bischof Markus Dröge, dass  „der Versuch, Gott immer neu dynamisch zu denken, ein Angebot“ sei. Rabbiner Tovia Ben-Chorin bewertete die Ausführungen von Stoschs als „die rabbinische Form des Midrasch.“ Die vorstellte Struktur sei sehr jüdisch, weil sie die Erfahrungen des Menschen im Zentrum habe und nicht spekuliere, wie Gott sei. Der muslimische Theologe Ufuk Topkara zitierte zuerst aus der vierten Sure, die besagt, dass Gott niemand beigesellt werden darf. Er fügte hinzu, dass es nicht sein Wunsch sei, „dass die Christen ihre Trinität aufgeben“. Auch Topkara stellte Beziehungen zu eigenen religiösen Grunderfahrungen her, die ihm geholfen hätten, die Erfahrungen der anderen Religionen nachzuvollziehen. Das führe über die eigenen Grenzen zu weiteren Gotteserfahrungen. Der muslimische Theologe machte darüber hinaus deutlich, dass das Hören auf Gottes Wort im Koran sich im Moment des Hörens der Rezitation ereigne. Im Blick auf den interreligiösen Dialog stellte er fest: „Gott sagt im Koran, dass er uns näher ist, als unsere Halsschlagader. Wenn ich das dank der christlichen Theologie besser verstehen kann, ist das gut.“

Für den Rabbiner Ben-Chorin lautete das Fazit des Abends: „Der Glaube Jesu eint uns, der Glaube an Jesus trennt uns.“ Er war überzeugt: „In der messianischen Zeit werden die Religionen bleiben, aber der eine Gott wird sie zusammenbringen in einem Frieden, in dem jeder seinen Teil hat“.

Das intensive theologische Fragen und Diskutieren über die Trinität wurde in einer Seminargruppe am folgenden 23. September weiter vertieft. Der zweite Teil der Dialogreihe findet am 18. November statt. Im Mittelpunkt steht die Frage: Was ist Scharia?

Dr. Rüdiger Sachau

Weitere Informationen zur Veranstaltungsreihe finden Sie hier.

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