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Ein Rückblick auf die Tagung „Öffentlichkeit – Schule – Religion“

„Lasst viele Blumen blühen!“

© EAzB

„Lasst viele Blumen blühen!“, forderte Professor Micha Brumlik bei der Tagung „Öffentlichkeit – Schule – Religion“ am 15. und 16. Mai. Den Bericht von Dr. Christian Staffa lesen Sie hier.

Mehr Mut im Umgang mit religiöser und weltanschaulicher Differenz im öffentlichen Raum Schule, so lautete die Forderung des Erziehungswissenschaftlers und Publizisten Brumlik. Er beschrieb die Vision einer gemeinsamen Ausbildung aller, die an der Schule Religionen unterrichten, um schon in dieser Phase das interreligiöse Gespräch einzuüben. Der Erziehungswissenschaftler Professor Dietrich Benner bezeichnete die Religion in diesem Zusammenhang als genuinen und unverzichtbaren Teil von Öffentlichkeit. In der Politeia würden die Fragen nach Leben und Sterben, der Gesundheitsethik, der Arbeit und der Arbeitsruhe und von Schuld und Vergebung bearbeitet. Unverzichtbar sei öffentliche Religion dann, wenn sie dialogisch, also nicht fundamentalistisch sei, und legitim nehme sie diese öffentliche Funktion wahr, wenn sie nicht Staatsreligion sei.
Daraus folgt sozusagen politisch, was Professor Dr. Heinrich de Wall, Inhaber des Lehrstuhls für Kirchenrecht, Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Erlangen-Nürnberg, aus verfassungsrechtlicher Sicht festhielt: Das Grundgesetz sieht eine besondere Funktion der Religionen und wohl auch der Weltanschauungsgemeinschaften vor, weil der Staat selbst sich wegen der Erfahrung zur Zeit des Nationalsozialismus aus Sinnstiftungszusammenhängen heraushalten sollte.
Die daraus resultierende verfassungsrechtliche Gleichberechtigung der Religionen ist in den Schulen noch lange nicht eingelöst. Aber es gibt eindrucksvolle Beispiele des Umgangs und Zugangs auf interreligiöse Wirklichkeit an Schulen wie der Regenbogen-Grundschule in Neukölln (http://www.regenbogen-grundschule.de/) und des ebenfalls dort verorteten Albrecht-Dürer Gymnasiums (http://www.albrecht-duerer-gymnasium.de/), die auf der Tagung vorgestellt wurden. Dr. Bernadette Schwarz-Boenneke von der Herbert-Quandt-Stiftung stellte dazu eine Untersuchung (PDF-Dokument, 195.3 KB)vor, die in mehreren Bundesländern der Realisierung von interreligiösem Gespräch an Schulen nachgegangen ist. Wenig Zuversicht im Blick auf die Zukunft des islamischen Religionsunterrichts an Schulen und die Ausbildung der dafür nötigen Lehrerinnen und Lehrer äußerte Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime in Deutschland. Es fehlten Ausbildungsplätze und die Entwicklung vollziehe sich nur langsam. Wie der Praktische Theologe Professor Dr. Rolf Schieder erkannte Mazyek an, dass sich die christlichen Kirchen deutlicher an die Seite der deutschen Muslime gestellt hätten, um das Recht auf Religionsunterricht an den Schulen durchzusetzen.

Eine Untersuchung von Privatdozent Dr. Dr. Joachim Willems zeigt, wie wenig politisiert der Wunsch vieler muslimischer Schüler ist, an den Schulen beten zu dürfen. Auch Professor Dr. Henning Schluß sah darin eine Vermeidungsstrategie gegenüber möglichen Konflikten.
Ein spannender Widerspruch bestand zwischen der These von Professor Benner, der von einer unter bestimmten Bedingungen produktiven Rolle der Religionen ausgeht, und der Überzeugung von Professor Schieder, dass die staatliche Investition in Lehrstühle der Theologie, ebenso wie Religionsunterricht der „Zivilisierung“ von Religionen dienten. So sei es in Deutschland anders als in den völlig laizistischen USA - wo die Bezeichnungen Pfarrer und Priester keine geschützten und mit Ausbildung hinterlegten Begriffe seien - eben nicht üblich, dass Eltern in Schulen die Schöpfungsgeschichte als naturwissenschaftliche Variante zur Erklärung der Entstehung der Welt im Schulunterricht durchsetzten. Gleichwohl müssten die deutsche Gesellschaft und auch die Kirchen lernen, mit einer neuen Vielfalt von Religionen im öffentlichen Raum umzugehen. Es ist noch ein langer Weg zu diesen blühenden Landschaften.
Dr. Christian Staffa

Einen Beitrag zum Nachhören von Thomas Klatt finden Sie auf der Homepage des Deutschlandradios.

Literaturhinweis: Dietrich Benner. Bildung und Religion. Nur einem bildsamen Wesen kann ein Gott sich offenbaren. Paderborn 2014: Schöningh. Band 19 der Reihe Religionspädagogik in pluraler Gesellschaft, hrsg. von Hans-Georg Ziebertz, Friedrich Schweitzer, Rudolf Englert und Ulrich Schwab.

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