
Die „Erwählung“ antisemitismuskritisch verstanden
Rainer Kessler über 5. Mose 7,6-11
Mit einem „Schutthaufen, der 2000 Jahre lang angehäuft und festgetreten worden ist“ vergleicht Rainer Kessler tradierte antisemitische Stereotype und Klischees. Zum Auftakt der Reihe antisemitismuskritischer Bibelauslegungen sprach er über 5. Mose 7,6-11, den Vers, in dem von Israel als einem „heiligen“ und von Gott „zum Eigentum erwählten Volk“ gesprochen wird.
Dieser Vers wurde oft zum Vorwurf in der christlichen Traditionsgeschichte. Auch Martin Luther unterstellte den Juden in kruder Sprache, sie bildeten sich etwas darauf ein, das erwählte und bessere Volk zu sein. Mit diesem Missverständnis räumt der ehemalige Professor für Altes Testament an der Universität Marburg auf und richtet den Blick stattdessen auf das „Wofür“ und „Wozu“ der Wahl Gottes, die zuerst auf das unbedeutende und versklavte Israel, und dann auf die Unterdrückten und Verfolgten in der christlichen Gemeinde fällt, damit Gottes Willen und Macht offenbar werden.
Eine schriftliche Fassung des Vortrags ist nachzulesen in der Broschüre "Störung hat Vorrang. Christliche Antisemitismuskritik als religionspädagogische Praxis", die von der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus gemeinsam mit unserem Projekt DisKursLab herausgegeben wurde. Auf der Website des Netzwerks antisemitismus- und rassismuskritische Religionspädagogik und Theologie (narrt) steht er ebenfalls im Volltext zur Verfügung.
Erschienen am 21.10.2021
Aktualisiert am 15.03.2023