
„Mit Blindheit geschlagen“?
Marie Hecke über neutestamentliche Heilungsgeschichten
Der Jude als „mit Blindheit geschlagen“ ist ein in mehrfacher Hinsicht diskriminierendes Motiv: Heilungsgeschichten wie die in Johannes 9,1-7 (Die Heilung eines Blindgeborenen) vermitteln zum einen das Ideal eines gesunden, uneingeschränkten und voll funktionsfähigen Körpers. Krankheit und Behinderung werden demgegenüber ausschließlich als Abweichung und Mangel, als Negativmetapher für Nichtverstehen und Nichterkennen verwendet, also „ableistisch“. Zum anderen wird die Negativmetapher der „Blindheit“ antisemitisch gewendet, wenn die Pharisäer als „blind“ bezeichnet werden, weil sie Jesus nicht als Messias (an)erkennen.
In diesem Vortrag in unserer Reihe antisemitismuskritischer Bibelauslegungen entwickelt Marie Hecke neue Zugänge zu den neutestamentlichen Heilungsgeschichten, die ohne solche antisemitischen und/oder ableistischen Klischees auskommen. Und sie macht ganz konkrete Vorschläge für die Praxis, darunter ein „Korrekturprogramm“ aus intersektionaler Perspektive für Predigt, Lehre und Unterricht.
Erschienen am 27.12.2021
Aktualisiert am 09.06.2022