Guter Hoffnung in der Risikoschwangerschaft?

Tagung

Guter Hoffnung in der Risikoschwangerschaft?

Ziele und Praxis der Pränataldiagnostik

Tagungsnr.
2005TG18
Von: 29.04.2005 10:30
Bis: 30.04.2005 13:00
Ev. Bildungsstätte auf Schwanenwerder

Inhalt

Schwangere Frauen werden in Deutschland überwiegend in gynäkologischen Praxen versorgt, nur wenige Schwangere nehmen das Angebot von Hebammen wahr. Die Pränataldiagnostik (PND) ist selbstverständlicher Bestandteil der Schwangerenvorsorge durch GynäkologInnen geworden. Das Angebot wird ständig ausgeweitet und immer mehr in Anspruch genommen. Durch die Tests werden Krankheiten und Behinderungen diagnostiziert, die nur in Ausnahmefällen behandelbar sind, was zu schwierigen Entscheidungssituationen führt. In einer erheblichen Anzahl von Tests wird eine Behinderung nicht sicher festgestellt, sondern das Testergebnis weist nur auf eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine Behinderung hin.


Im Falle eines positiven Befundes sind die zukünftigen Eltern mit der Entscheidung konfrontiert, ob die Schwangerschaft fortgesetzt oder abgebrochen werden soll. In 60 90% entscheiden sie sich für den Abbruch.

Grundsätzlich soll die angebotene Beratung es den Paaren ermöglichen, ihre Entscheidungen auf einer informierten Grundlage zu treffen. Dazu gibt es verschiedene Beratungskonzepte, so z.B. humangenetische Beratungsstellen oder eine psychosoziale Beratung. Allerdings finden diese Beratungen nicht in ausreichendem Maße statt.


Die Pränataldiagnostik, die bisher nicht gesetzlich geregelt ist, ist gesellschaftlich umstritten. Einerseits wird sie als Stärkung der Autonomie von Frauen begrüßt. Andererseits steht sie im Verdacht, die Achtung von Menschen mit Behinderung und chronischen Erkrankungen zu untergraben und ihr Lebensrecht in Frage zu stellen. Die Enquete Kommission "Recht und Ethik der modernen Medizin" merkt dazu an: "Gesellschaftlich scheint sich eine Haltung durchzusetzen, die mit der Frage: 'Wer will schon ein behindertes Kind?' zusammengefasst werden kann." Auch wird hinterfragt, ob tatsächlich die Autonomie von Frauen gefördert wird, wenn Testergebnisse fast "zwangsläufig" zur nächsten Entscheidung führen.


Im Mittelpunkt der Tagung steht die interdisziplinäre Diskussion über Ziele und Praxis der gegenwärtigen Pränataldiagnostik. Welche Ziele hat sie aus Sicht der Fachgesellschaften, der Praktiker, der Frauen und ihren Partnern und von Menschen mit Behinderung? Was heißt "informed consent" in der Theorie und Praxis? Was folgt aus dem herrschenden Konzept der Risikoschwangerschaft? Welche strukturellen und inhaltlichen Veränderungen in der Beratungspraxis sind denkbar, um eine Beratung zu gewährleisten, die die zukünftigen Eltern wirksam bei ihrem Entscheidungsprozess unterstützt? Welchen Einfluss haben Bilder von Behinderung und Beratungskonzepte auf die Entscheidung der zukünftigen Eltern über die Fortsetzung oder den Abbruch der Schwangerschaft? Welchen Verbesserungsbedarf gibt es bei der Unterstützung von Familien mit einem behinderten Kind?

Wir laden Sie herzlich ein.


Simone Ehm,

Evangelische Akademie zu Berlin


Dr. Katrin Grüber,

Institut Mensch, Ethik und Wissenschaft, Berlin

Programm

Freitag, 29. April 2005


10.15 Uhr Anmeldung, kleiner Imbiss


11.00 Uhr Begrüßung und Einführung

Simone Ehm, Evangelische Akademie zu Berlin

Dr. Katrin Grüber, Institut Mensch, Ethik und Wissenschaft, Berlin


Hauptsache gesund? Pränataldiagnostik Behinderung Menschenbild

Bildpräsentation Erstellt von den Bistümern Limburg und Rottenburg Stuttgart


11.15 Uhr PND als Teil der Schwangerenvorsorge in Deutschland gesellschaftspolitische, ethische und rechtliche Fragestellungen Medizinische Praxis und Beratungssituation

Dr. Kay Möller, Gynäkologe, Gemeinschaftspraxis FERA, Berlin

Geltende Rechtslage

Dr. Katrin Grüber, Institut Mensch, Ethik und Wissenschaft, Berlin

12.30 Uhr Mittagessen

13.30 Uhr Orientierung am Risiko oder Zeit für Gute Hoffnung?

Staatliche Rahmenbedingungen und Praxis der PND in ausgewählten europäischen Ländern

Niederlande

Prof. Marli Huijer, Philosophin und Medizinerin, Fakultät für Philosophie, Universität Groningen,

Österreich

Dr. Bernhard Wieser, Interuniversitäres Forschungszentrum für Technik, Arbeit und Kultur, Graz,

Anschließende Diskussion

15.30 Uhr Kaffeepause

16.00 Uhr Wer berät wie bei PND?

Perspektive der psychosozialen Beratung

Gisela Pingen Rainer, Sozialdienst katholischer Frauen e.V., Dortmund

Perspektive der Gynäkologie

Dr. Kay Möller, Gynäkologe, Gemeinschaftspraxis FERA, Berlin

Perspektive der humangenetischen Beratung

Prof. Dr. Heidemarie Neitzel, Humangenetikerin, Institut für Humangenetik, Charité, Berlin

Perspektive der Hebammen

Dr. Angelica Ensel, Hebamme und Ethnologin, Hamburg

18.30 Uhr Abendessen


Samstag, 30. April 2005


9.00 Uhr Was ist normal? Der Umgang mit Behinderung in der Gesellschaft und die Praxis der PND

Prof. Dr. Anne Waldschmidt, Soziologin, Soziologie der Behinderung und Sozialpolitik, Universität zu Köln

9.30 Uhr PND - Gut beraten

Arbeitsgruppenphase:

1. Information vor PND - Beruhigung oder Beunruhigung?

Prof. Dr. Heidemarie Neitzel, Humangenetikerin, Institut für Human

genetik, Charité, Berlin

Dr. Bernhard Wieser, Interuniversitäres Forschungszentrum für Technik, Arbeit und Kultur, Graz, Österreich


2. Diagnoseübermittlung - Umgang mit Wahrscheinlichkeit

PD Dr. med. Dipl. Psych. Ingrid Kowalcek, Psychosomatische Gynäkologie und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Schleswig Holstein Campus Lübeck

ElternvertreterIn

3. Beratung nach positivem PND Befund - Umgang mit einem ethischen Dilemma

Marion Baldus, Dipl. Pädagogin, Forschungsprojekt "Von der Diagnose zur Entscheidung Entscheidungsprozesse von Frauen im Kontext pränataler Diagnostik", Heidelberg

Claudia Langanki , Arbeitsgemeinschaft Spina Bifida und Hydrocephalus e. v. (ASbH)


12.00 Uhr Abschlusspodium


Ethische Konflikte, individuelle und gesellschaftliche Entscheidungen und Dilemmata Herausforderungen in der Beratung

Dr. Ingrid Kowalcek

Prof. Dr. Heidemarie Neitzel

Prof. Dr. Anne Waldschmidt

ElternvertreterIn


12.45 Uhr Mittagessen und Ende der Veranstaltung

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Leitung

Simone Ehm

Studienleiterin für Ethik in den Naturwissenschaften

Telefon (030) 203 55 - 502

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