Lobbyismus im Gesundheitswesen

Tagung

Lobbyismus im Gesundheitswesen

Verantwortliche Interessenpolitik - unverantwortliche Einflussnahme

Tagungsnr.
30/2011
Von: 26.09.2011 09:45
Bis: 27.09.2011 16:00
Französische Friedrichstadtkirche und Haus der EKD

Intransparente wirtschaftliche Einflussnahme unterwandert das Gesundheitssystem. Finanzielle Zuwendungen von Medizinprodukteherstellern an Ärzteorganisationen und Fachgesellschaften beispielsweise sind gesundheitspolitisch und sozialethisch nicht zu rechtfertigen. Wir diskutieren Möglichkeiten und Grenzen des Lobbying und die Gefahren von Interessenkonflikten. Wie kann das Konfliktpotential im Gesundheitswesen eingedämmt werden?


Inhalt

Das Gesundheitswesen ist ein zentraler Bereich der Demokratie. Jede und jeder hat in ihm eine Rolle - als Patient oder Patientin, als Mitglied der Versichertengemeinschaft, als Leistungserbringer oder Warenanbieter. Ziel eines sozialstaatlich und demokratisch organisierten Gesundheitswesens ist die gesundheitliche Verbesserung der gesamten Bevölkerung auf der Grundlage eines solidarischen Finanzierungssystems. Partikularinteressen einzelner Gruppen müssen sich diesem Gesamtziel unterordnen. Die Beiträge der Versicherten und Steuerzahler finanzieren das System. Trotzdem ist ihr Einfluss gering, und auch um die Rechte der Patienten ist es nicht allzu gut bestellt. Interessenvertretung und Lobbyismus stellen im Gesundheitswesen also eine besondere demokratische Herausforderung dar: Aus den Partikularinteressen der Beteiligten erwachsen Konflikte, und der Staat hat für einen gerechten Ausgleich der Interessen aller Beteiligten zu sorgen.


Warenanbieter und Leistungserbringer im Gesundheitswesen nutzen ihre Macht häufig zu unverantwortlicher Einflussnahme und zum persönlichen und unternehmerischen Vorteil. Patienten und Versicherte erkennen kaum, dass die gigantischen Marketing-Budgets der Hersteller in die Kosten unseres Gesundheitssystems eingehen und das gesamte System verseuchen, weil Wirtschaftsinteressen vor Gesundheitsinteressen rangieren. Finanzielle Zuwendungen von Warenanbietern an Ärzteorganisationen und Fachgesellschaften beispielsweise sind gesundheits-politisch und sozialethisch nicht zu rechtfertigen. Das öffentliche Unbehagen über diese Mittelverschwendung ist in den letzten beiden Jahrzehnten stetig gewachsen.


Mit Beteiligten aus allen Sparten des Gesundheitswesens diskutieren wir über Möglichkeiten und Grenzen des Lobbying und die Gefahren und Konsequenzen von Interessenkonflikten im Gesundheitssystem. Erörtert werden u.a. Selbstverpflichtungen auf der Herstellerseite wie der Kodex der Freiwilligen Selbstkontrolle der Arzneimittelhersteller (FSA) und auch Selbstverpflichtungserklärungen von Seiten der Empfänger. Da Transparenz allein nicht ausreicht, schädliche Interessenkonflikte einzudämmen, sollen auch andere Maßnahmen auf organisatorischer, politischer und gesellschaftlicher Ebene diskutiert werden. Strategien zur Eindämmung des Konfliktpotentials sind das Ziel.


Wir laden Sie herzlich ein!


Simone Ehm

Evangelische Akademie zu Berlin


Dr. Angela Spelsberg

Transparency International Deutschland e.V., Berlin


Dr. Anke Martiny

Transparency International Deutschland e.V., Berlin



Eine Kooperation mit Transparency International Deutschland e.V., Berlin

Gefördert durch die Bundeszentrale für politische Bildung


Einige Beiträge zur Tagung finden Sie unter folgendem Link: http://www.eaberlin.de/8287199A5E354FB5A595360C2B9FEE18.php


Programm

Montag, 26. September 2011


9.45 Uhr Anmeldung und Begrüßungskaffee


10.45 Uhr Begrüßung und Einführung

Simone Ehm, Evangelische Akademie zu Berlin

Dr. Angela Spelsberg, Transparency International Deutschland e. V., Berlin


I. INTERESSENVERTRETUNG – INTERESSENKONFLIKT

Der Stand der Dinge im Gesundheitswesen


11.00 Uhr Zivilgesellschaftliche Ansprüche an eine glaubwürdige Interessenvertretung im Gesundheitswesen

Prof. Dr. Edda Müller, Transparency International Deutschland e.V., Berlin


11.45 Uhr Gesundheitspolitik im sozialen Rechtsstaat

Prof. Dr. Felix Welti, Humanwissenschaften, Universität Kassel; EKD-ad-hoc-Kommission zu den aktuellen Herausforderungen im Gesundheitswesen


12.30 Uhr Mittagessen


13.30 Uhr Die Interessen-Unabhängigkeit der Ärzteschaft - eine Chimäre?

Prof. Dr. Bruno Müller-Oerlinghausen, ehem. Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Berlin


14.15 Uhr Interessenkonflikte und Medizinische Forschung – (Wie) Kann sich Evidenzbasierte Medizin behaupten?

Prof. Dr. David Klemperer, Netzwerk Evidenzbasierte Medizin, Fachhochschule Regensburg


15.00 Uhr Kaffeepause


II. INTERESSENVERTRETUNG - INTERESSENAUSGLEICH


15.30 Uhr Chancen und Defizite für Patienten und Versicherte heute

Helga Kühn-Mengel, Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e. V., Berlin


16.00 Uhr Von der Schwierigkeit, Patienteninteressen zu organisieren

Dr. Ilona Köster-Steinebach, Referentin Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen, Verbraucherzentrale Bundesverband, Berlin


16.30 Uhr Kleine Pause


16.45 Uhr Zwischen Absatzinteressen und Gesetzesnormen – Was darf die Wirtschaft?

Armin Huttenlocher, Geschäftsführer und Partner von Fleishman-Hillard Germany GmbH, Public Affairs, Berlin


17.15 Uhr Mitten im Konflikt – die Selbsthilfe

Dr. Martin Danner, Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe, Düsseldorf


17.45 Uhr Interessenkonflikte im Gesundheitswesen - Gefahren und Konsequenzen für die organisierten Patienteninteressen

Diskussion mit den Referierenden und dem Publikum

Moderation: Dr. Adelheid Müller-Lissner, Journalistin, Berlin


19.00 Uhr Abendessen und offener Ausklang



Dienstag, 27. September 2011


9.30 Uhr Parteien und Parlament als Partner der Lobbyisten – Anatomie eines Erfolgsmodells

Prof. Dr. Thomas Leif, Chefreporter, SWR Fernsehen, Wiesbaden


10.15 Uhr Vollzugsdefizite im Gesundheitswesen

Dina Michels, Stelle zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen, KKH-Allianz, Hannover


11.00 Uhr Kaffeepause


III. LOBBYISMUS UND GLAUBWÜRDIGKEIT

Was trägt zur Ausbalancierung von Interessengegensätzen bei?


11.15 Uhr Statt „best practice“ allgemeine Praxis – Konkrete Schritte gegen falsche Einflussnahmen

Dr. Eva Högl, Mitglied des Deutschen Bundestages, Mitglied im Rechtsausschuss, Berlin

Dr. Günter Metzges, Campact e. V., Verden


12.15 Uhr Mittagessen


13.15 Uhr Der informierte Patient zwischen Mündigkeit und Überforderung - Wie kommen wir an unabhängige und qualitätsgesicherte Informationen?

Prof. Dr. Ingrid Mühlhauser, Universität Hamburg, MIN Fakultät Gesundheitswissenschaften, Hamburg


14.00 Uhr Die politische Repräsentanz schwacher Interessen

Prof. Dr. Thomas von Winter, apl. Professor für Politikwissenschaften, Universität Potsdam,


14.30 Uhr Verantwortliche Interessenpolitik – unverantwortliche Einflussnahme

Gespräch mit Wolfgang Wodarg, Leiter der AG Gesundheit, TI Deutschland e.V., Berlin, den Referierenden und dem Publikum

Moderation: Dr. Anke Martiny, Transparency International Deutschland e. V., Berlin


Ende gegen 15.30 Uhr


Teilen

Leitung

Simone Ehm

Studienleiterin für Ethik in den Naturwissenschaften

Telefon (030) 203 55 - 502

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