Rassisten sind immer die Anderen

Tagung

Rassisten sind immer die Anderen

Über Verstrickung und Handlungsfähigkeit

Tagungsnr.
09/2015
Von: 13.03.2015 18:00
Bis: 15.03.2015 13:30
Ev. Bildungsstätte auf Schwanenwerder

© chromatika - Fotolia

Rassismus wird vorwiegend als Problem anderer verstanden, die nicht zum ‚Wir‘ gehören. Anders als in den angelsächsischen Ländern und in Frankreich und auch anders als in der bundesdeutschen Wissenschaft, ist Rassismus in der Öffentlichkeit selten ein Gegenstand der Reflexion. Wenn überhaupt über Rassismus gesprochen wird, dann bezieht sich das kaum auf die Mitte der Gesellschaft. Meistens geht es dann um Rechtsextremismus, selten aber um Alltagsphänomene und Normalitäten in der Demokratie. Diese Vermeidung steht im Zusammenhang eines distanzierenden Umgangs mit der NS-Zeit. Was ideologische Ähnlichkeiten dazu aufweist, soll auf Abstand gehalten werden. Gerade im Zuge der erfolgten Aufarbeitung ist ein Selbstbild entstanden, das es kaum zulässt, Rassismus als Gegenwartsphänomen zu erkennen. Die Evangelischen Akademien sehen sich in einer besonderen Verantwortung für die Erinnerung an die NS-Verbrechen. Dazu gehört die Bearbeitung der Nachwirkungen, die sich gegenwärtig immer wieder dann zeigen, wenn abstammungsbezogene Selbstbilder festgeschrieben werden und national-kulturell-religiöse Zugehörigkeiten vereindeutigt werden.

Deshalb verstehen wir es als unsere Aufgabe, gegenwärtige Erfahrungen und ideologische Grundlagen von Rassismus in der Breite der Öffentlichkeit zu thematisieren, dafür Foren der Auseinandersetzung zur Verfügung zu stellen und konkrete Handlungsfelder zur Bearbeitung und Bekämpfung in den Blick zunehmen.

Für die Bildungspraxis stellen sich u. a. folgende Fragen: Wie kann rassismuskritische Bildung sinnvoll praktiziert werden? Welche inhaltlichen Voraussetzungen benötigen MultiplikatorInnen dafür? Welche Methoden sind erfolgreich? Welche Rolle spielen Kirche, Religionsunterricht und Theologie?

Die hohe Komplexität in der Beschreibung von Rassismus und seinen Ursachen ist zu beachten, um erstens dem Missverständnis, Rassismus sei ein einfaches Vorurteil vorzubeugen, sowie zweitens den Bezug zum Nationalsozialismus historisch zu sondieren und gegenwärtig einzuordnen. Für einen zeitgemäßen Umgang mit Rassismus ist zudem das Verhältnis zwischen individuell verantwortetem und strukturellem Rassismus zu thematisieren.


Prof. Dr. Astrid Messerschmidt, Technische Universität Darmstadt

Dr. Christian Staffa, Evangelische Akademie zu Berlin


In Zusammenarbeit mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus, der Martin-Niemöller-Stiftung und der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit Berlin

Inhalt

Rassismus wird vorwiegend als Problem anderer verstanden, die nicht zum ‚Wir‘ gehören. Anders als in den angelsächsischen Ländern und in Frankreich und auch anders als in der bundesdeutschen Wissenschaft, ist Rassismus in der Öffentlichkeit selten ein Gegenstand der Reflexion. Wenn überhaupt über Rassismus gesprochen wird, dann bezieht sich das kaum auf die Mitte der Gesellschaft. Meistens geht es dann um Rechtsextremismus, selten aber um Alltagsphänomene und Normalitäten in der Demokratie. Diese Vermeidung steht im Zusammenhang eines distanzierenden Umgangs mit der NS-Zeit. Was ideologische Ähnlichkeiten dazu aufweist, soll auf Abstand gehalten werden. Gerade im Zuge der erfolgten Aufarbeitung ist ein Selbstbild entstanden, das es kaum zulässt, Rassismus als Gegenwartsphänomen zu erkennen. Die Evangelischen Akademien sehen sich in einer besonderen Verantwortung für die Erinnerung an die NS-Verbrechen. Dazu gehört die Bearbeitung der Nachwirkungen, die sich gegenwärtig immer wieder dann zeigen, wenn abstammungsbezogene Selbstbilder festgeschrieben werden und national-kulturell-religiöse Zugehörigkeiten vereindeutigt werden.

Deshalb verstehen wir es als unsere Aufgabe, gegenwärtige Erfahrungen und ideologische Grundlagen von Rassismus in der Breite der Öffentlichkeit zu thematisieren, dafür Foren der Auseinandersetzung zur Verfügung zu stellen und konkrete Handlungsfelder zur Bearbeitung und Bekämpfung in den Blick zunehmen.

Für die Bildungspraxis stellen sich u. a. folgende Fragen: Wie kann rassismuskritische Bildung sinnvoll praktiziert werden? Welche inhaltlichen Voraussetzungen benötigen MultiplikatorInnen dafür? Welche Methoden sind erfolgreich? Welche Rolle spielen Kirche, Religionsunterricht und Theologie?

Die hohe Komplexität in der Beschreibung von Rassismus und seinen Ursachen ist zu beachten, um erstens dem Missverständnis, Rassismus sei ein einfaches Vorurteil vorzubeugen, sowie zweitens den Bezug zum Nationalsozialismus historisch zu sondieren und gegenwärtig einzuordnen. Für einen zeitgemäßen Umgang mit Rassismus ist zudem das Verhältnis zwischen individuell verantwortetem und strukturellem Rassismus zu thematisieren.


Prof. Dr. Astrid Messerschmidt, Technische Universität Darmstadt

Dr. Christian Staffa, Evangelische Akademie zu Berlin


In Zusammenarbeit mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus, der Martin-Niemöller-Stiftung und der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit Berlin

Programm

Freitag, den 13. März 2015


Ab

16.30 Uhr Anreise und Anmeldung


18.00 Uhr Abendessen


19.00 Uhr Begrüßung und Einführung

Dr. Christian Staffa, Evangelische Akademie zu Berlin


19.15 Uhr Einheit in Ausgrenzungsverhältnissen - Nation und Kultur als Identitätsgaranten

Prof. Dr. Astrid Messerschmidt, Erziehungswissenschaftlerin, TU Darmstadt


Ende gegen 21.30 Uhr


Samstag, den 14. März 2015


8.00 Uhr Frühstück (für Übernachtungsgäste)


9.00 Uhr Andacht


9.30 Uhr Grenzziehungen, Phänomene und Kritik des antimuslimischen Rassismus

Dr. Farid Hafez, Islamwissenschaftler, Universität Salzburg


10.30 Uhr Grenzerfahrungen, Wo kommst du her?

(Post-)Migrantische Stimmen der zweiten und dritten Generation

Meral El, Landesausschuss für Migration, Diversität und Antidiskriminierung (LAMA), GEW, Berlin

N.N.


11.15 Uhr Kaffeepause


11.45 Uhr Ein Leib viele Glieder - Theologie, Kirche und Normativität von Weiss-Sein

Dr. Eske Wollrad, Theologin, Ev. Frauen in Deutschland, Hannover


13.00 Uhr Mittagessen


14.30 Uhr Schwarz und Deutsch

Zur Geschichte einer ignoranten Gegenwartsgesellschaft

Hadija Haruna, Journalistin und Redakteurin, Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, Frankfurt/M.


16.00 Uhr Kaffeepause


16.30 Uhr Grenzgänger_innen: Praxis antirassistischer Arbeit

Parallele Arbeitsgruppen

1. Biografische Zugänge zu Diskriminierungserfahrungen

Dr. Dorothee Schwendowius, Erziehungswissenschaftlerin, Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg

2. Rassismuserfahrungen von Jugendlichen

Dr. Wiebke Scharathow, Erziehungswissenschaftlerin, Pädagogische Hochschule Freiburg

3. Antisemitismus in der Bildungsarbeit, Erfahrungen aus Berlin

Hanne Thoma, Politologin, Taskforce: Education on Antisemitism, Berlin

4. Rassismus gegen Sinti und Roma

Hajdi Barz, freie Bildungsreferentin, Romaniphen, Inirromnja, Berlin

Tayo Onutor, Ini Romnija, Berlin


18.30 Uhr Abendessen


19.30 Uhr Offenes Gespräch zu aktuellen (Rechts-)Populismen


Sonntag, den 15. März 2015


8.00 Uhr Frühstück (für Übernachtungsgäste)


9.00 Uhr Andacht


9.15 Uhr Rassismus als individuelle und gesellschaftliche Praxis: Zwei Perspektiven

Leah Carola Czollek, Gastdozentin an der Alice-Salomon-Hochschule, Czollek Consult, Institut für Mediation, Diversity und Dialog

Hajdi Barz, freie Bildungsreferentin, Romaniphen, Inirromnja, Berlin


11.00 Uhr Kaffeepause


11.30 Uhr Was kann Kirche und Theologie tun, was soll sie tun?

Podiumsdiskussion

Dr. Eske Wollrad, Theologin, Ev. Frauen in Deutschland, Hannover

Dr. Rainer Möller, Comenius Institut, Münster

Doris Peschke, Theologin, Generalsekretärin der Kirchlichen Kommission für Migranten in Europa, Hamburg

Moderation: Prof. Dr. Astrid Messerschmidt, Dr. Christian Staffa


12.30 Uhr Mittagessen und Ende der Tagung


Gefördert durch die Bundeszentrale für politische Bildung

Teilen

Leitung

Dr. Christian Staffa

Studienleiter für Demokratische Kultur und Kirche

Telefon (030) 203 55 - 411

Anmeldung
Newsletter
nach oben

Cookies und Datenschutz

Unsere Webseite nutzt Cookies zur Verbesserung der Bedienung und des Angebots sowie zur Auswertung von Webseitenbesuchen. Einzelheiten über die von uns eingesetzten Cookies und die Möglichkeit diese abzulehnen, finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen.