Kommentar Staffa Entjudungsinstitut

„Es ging um das Wesen der Kirche“

Kommentar von Christian Staffa zum „Entjudungsinstitut“

© Bundesarchiv: Opitz / Wikipedia

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde in Eisenach das so genannte Entjudungsinstitut gegründet. Im Blick auf die Aufarbeitung ihres damaligen Wirkens hat die Evangelische Kirche noch „einen langen Weg vor sich“, meint Studienleiter Dr. Christian Staffa. Er bezeichnet das Institut als „Gipfel kirchlich legitimierter, ja vorangetriebener theologischer Judenfeindschaft“.

 

Am 4. April 1939 beschlossen 13 Landeskirchen die Gründung des „Instituts zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“. Einen Monat später, am 6. Mai, hielt Dr. Walter Grundmann, „deutschchristlicher“ Theologieprofessor und künftiger Leiter des Instituts, einen Vortrag über „Die Entjudung des religiösen Lebens als Aufgabe deutscher Theologie und Kirche“. Grundmann ging davon aus, dass das Christentum deutlich zu unterscheiden sei vom ‚Feind des deutschen Lebens‘, dem Judentum. Den Erweis dafür zu erbringen hielt er für wichtig für die Erneuerung des religiösen Lebens und eine „wirkliche“ Reformation auf den Spuren Luthers. Bis zur Auflösung des Instituts im Juni 1945 arbeitete Grundmann daran, alle Elemente der jüdischen Tradition aus dem kirchlichen Leben, aus Gottesdiensten, aus Gemeinden und dem Unterricht zu verbannen. „Jesus als Arier zu beweisen, die Schrift von Jüdischem zu reinigen - das sind Gedanken und Taten einer Kirche, die sich mit dem völkischen Herrschaftsinteresse des Nationalsozialismus eins weiß“, unterstreicht Studienleiter Staffa.

 

Die Akten des Instituts kamen erst im Zuge der friedlichen Revolution 1990 wieder ans Licht. „Das ist ein Teil des Skandals“, betont Staffa im Blick auf die späte Bearbeitung der Unterlagen. Wie wenig Aufmerksamkeit das Institut in der kirchlichen Zeitgeschichte bekommen habe - im Wesentlichen nur durch den Kirchengeschichtler Hans Prolingheuer und den ehemaligen Leiter des Institutes Kirche und Judentum, Peter von der Osten-Sacken - sei „ein schmerzhafter Beleg für die Unbußfertigkeit kirchlicher Geschichtsbearbeitung“.

 

Aus Staffas Sicht bedeutet das von der Evangelischen Kirche beförderte Wirken Grundmanns der übrigens 1954 zum Leiter der Katechetenausbildung in Eisenach wurde - mehr als die ein oder andere Verfehlung. „Es ging um alles, es ging um das Wesen der Kirche, um das Wesen des Glaubens.“

Einen Radiobeitrag zum Eisenacher Entjudungsinstitut finden Sie hier.

 

Lesetipps:

Christian Staffa (Hg.): „Vom protestantischen Antijudaismus und seinen Lügen: Versuche einer Standort- und Gehwegbestimmung des christlich-jüdischen Gesprächs“,

Evangelische Akademie Sachsen-Anhalt, 1994.

 

Hans-Joachim Döring, Michael Haspel (Hg.): „Lothar Kreyssig und Walter Grundmann“, Schriftenreihe der Evangelischen Akademie Thüringen, Band 4, Wartburg Verlag Weimar, 2014.

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