Bericht in Gottes Namen

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Von Kuscheldialog und Überlegenheitserzählungen

Mitschnitt der Diskussion „In Gottes Namen?! Was Terror mit uns zu tun hat“ am 27. November

„Es kommt nicht darauf an, was ich glaube. Wie ich mich verhalte in dieser Gesellschaft, das muss der Maßstab sein“. So fasst Murat Kayman sein Verständnis eines gelingenden Miteinanders in einer religiös vielfältigen Gesellschaft zusammen, die durch religiös begründeten Extremismus immer wieder herausgefordert wird.

Wie reagiert man eigentlich „richtig“ auf Terroranschläge, die im Namen Gottes, im Namen des Islams verübt werden? Diese Frage stand im Mittelpunkt des digitalen Abendforums am 27. November zum Thema „In Gottes Namen!? Was Terror mit uns zu tun hat“. Welche Bedeutung haben öffentliche Distanzierungen? Welche Rolle spielen theologische Argumente? Und welchen Beitrag können christlich-muslimische Allianzen leisten? Nicht erst nach den jüngsten islamistisch motivierten Terroranschlägen sehen sich Muslim*innen in Deutschland, Österreich und Frankreich immer wieder mit diesen Fragen konfrontiert. Kirchlichen Dialogpartner*innen wird indes vereinzelt vorgehalten, einen „Kuscheldialog“ zu führen und „unbequeme Fragen“ auszuklammern.

„Also ich fühle mich die letzten 20 Jahre nicht gekuschelt vom Dialog, der mit Muslimen geführt wird“, berichtete der Jurist und Aktivist Murat Kayman. Auch Prof. Dr. Wolfgang Reinbold, Beauftragter für Kirche und Islam der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, wies diese Kritik entschieden zurück und berichtete aus langjähriger Erfahrung des christlich-muslimischen Gesprächs. Dabei kritisierte er die in aktuellen Islam-Debatten immer wieder zu beobachtenden Versuche, Muslim*innen zu bevormunden: „Wir müssen zur Kenntnis nehmen: Was Islam ist, entscheiden die Muslime. Und es ist Sache der Muslime, sich so zu organisieren, wie es ihnen entspricht“. Schließlich mahnte er einen differenzierteren Blick auf die muslimischen Communities an und warnte davor, ihnen voreilig vermeintlich klare Labels wie „konservativ“ oder „liberal“ aufzudrücken: Zum einen dürften jene Muslim*innen, die sich selbst als „liberal“ bezeichnen, nicht als alleinige Gesprächspartner*innen verstanden werden. Zum anderen betonte er nachdrücklich: „Konservativer Islam ist nichts, was wir als gefährlich markieren dürfen“.

Im regen Austausch mit den Teilnehmenden, die sich über den Live-Chat in das Gespräch einbringen konnten, diskutierten die Podiumsgäste auch über das von Murat Kayman eingebrachte Schlagwort „Überlegenheitserzählungen“. „Es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem,“ so Kayman, „dass es bei allen Beteiligten Überlegenheitsvorstellungen gibt“. Das betreffe die Haltung von Muslim*innen gegenüber der Gesamtgesellschaft ebenso wie antimuslimische Überlegenheitsnarrative auf Seiten von Nichtmuslim*innen. Islamische Verbände, so Kayman, müssten dem klar widersprechen. Und genauso müsse gesamtgesellschaftlich gegen islamfeindliche Positionen vorgegangen werden.

Carla Amina Baghajati, Leiterin des Schulamts der Islamischen Glaubensgemeinschaft Österreich, mahnte an, das Problem der Überlegenheitserzählungen an der Wurzel zu packen. Zugrunde lägen schließlich in den meisten Fällen „brüchige Identitäten, die sich selbst definieren durch die scharfe Abgrenzung von Anderen“. Dabei spielten auch eigene Diskriminierungserfahrungen eine wichtige Rolle. „Das ist nicht nur Sand im Getriebe einer Gesellschaft, sondern schädlich und gehört bearbeitet“, appellierte Baghajati und betonte zugleich die nicht zu unterschätzende Bedeutung des Islamischen Religionsunterrichts für die Identitätsentwicklung junger Muslim*innen.

2020 27 Nov

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