Die öffentliche Diskussion über die Erziehungskompetenzen von Familien macht es sich oftmals leicht. Sie konstatiert, Eltern seien überfordert, handelten gewalttätig oder gar nicht und würden die Verantwortung für ihre Kinder abschieben. Beispiele dafür scheint es schließlich genug zu geben, glauben Fernseh- und Radiokonsument/innen ebenso wie Zeitungsleser/innen zu wissen. Die angenommene Erziehungsunfähigkeit von Eltern ist in aller Munde und stellt Familien in einen defizitär betrachteten Zusammenhang von Hilflosigkeit und Überforderung, der die Stärken und Kompetenzen wenig thematisiert. So entsteht ein Bild, das den tatsächlichen Leistungen von Eltern und Kindern nicht entspricht
Angesichts einer Vielfalt von Herausforderungen müssen Mütter und Väter heute Familienleben komplexer denken, anders gestalten und gezielter handeln als noch vor 30 Jahren. Trennungen, Mobilität und Flexibilität, Arbeitslosigkeit, Wertediskussion, der Vertrauensverlust in die Bildungssysteme - dies und noch einiges mehr erfordern eine Übersicht und Umsicht, die frühere Generationen so nicht leisten mussten.
Ein zweites kommt hinzu: Wenn alles erlaubt und fast alles möglich ist, wenn es darüber hinaus für jedes Erziehungsthema – sei es Essen, Schlafen oder Spielen – ein Regal von Ratgeber-Büchern gibt, müssen Eltern „Stopp“ sagen und persönliche Grenzen setzen. Unterstützung nachzufragen, Orientierung zu suchen oder Handlungskompetenz erweitern zu wollen ist deshalb nicht per se ein Ausdruck von Hilflosigkeit und Versagen. Es ist vielmehr ein Zeichen von Verantwortung und Reflektionsfähigkeit.
Mit dieser Fachtagung lädt die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF) e.V. in Kooperation mit der Evangelischen Akademie zu Berlin ein, einen möglichst pragmatischen Blick auf Erziehung in der Familie zu werfen. Abseits von Schuldzuweisungen und Katastrophenszenarien wollen wir die gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen Familien heute erziehen, betrachten und fragen, was Erziehungskompetenz ist, was Eltern zu ihrer Entlastung brauchen und wo die Gesellschaft in der Verantwortung steht.
Donnerstag, den 9. November 2006
12:00 Uhr Willkommensimbiss
12:30 Uhr Eröffnung
Prof. Dr. Ute Gerhard
1. Vorsitzende der AGF
12.45 Uhr Begrüßung
Marcus Götz-Guerlin, Ev. Akademie zu Berlin
13:00 Uhr Grußwort
N.N.
Bundesministerium für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend
13:15 Uhr Was ist Erziehungskompetenz?
Prof. Dr. Sabine Walper
Uni München
14:00 Uhr Was leisten Eltern heute und wo steht die Gesellschaft in der Pflicht?
Dr. Karin Jurczyk
Deutsches Jugendinstitut (DJI)
14:45 Uhr Diskussion
15:15 Uhr Kaffeepause
15:45 Uhr Gesellschaftliche Bedingungen, unter
denen Eltern erziehen:
Referat 1
Erziehung in der Leistungsgesellschaft
Prof. Dr. Uta Meier-Gräwe, Uni Giessen
Referat 2
Erziehung unter den Anforderungen des Arbeitsmarktes
PD Dr. Andreas Lange DJI
Referat 3
Erziehung unter Beachtung des Gender-Aspektes
Prof. Dr. Hildegard Macha, Uni Augsburg (angefragt)
18:15 Uhr Diskussion
18:45 Uhr Abendessen
20:00 Uhr Wertewandel im Kinderzimmer
Dr. Johannes Dirschauer
philosophisch-kabarettistischer Abend
Freitag, den 10. November 2006
09:00Uhr Die Bedürfnisse des Kindes in der Erziehung
Dr. Jörg Maywald, Deutsche Liga für das Kind
10:00 Uhr Familie 2000: Die Bedeutung von Zeit in der Erziehung
Dr. Helga Zeiher
Deutsche Gesellschaft für Zeitpolitik
11:00 Uhr Kaffeepause
11:30 Uhr Verhandeln statt Gehorchen: Der Wandel der Erziehungsstile
Prof. Dr. Jutta Ecarius, Uni Giessen (angefragt)
12:30 Uhr Diskussion
12:45 Uhr Mittagsimbiss
13:30 Uhr Was suchen Eltern bei Super Nanny und Elternkursen?
Eltern- und Kinder- Training „EFFEKT“Uni Erlangen-Nürnberg
14:00 Uhr Der Sinn von Elternkursen, die Bedürfnisse der Eltern und der Auftrag der Gesellschaft
Diskussion
15:00 Uhr Abschluss der Fachtagung