Was ist uns Privatheit wert?

Tagung

Was ist uns Privatheit wert?

Grundrechte und staatliche Überwachungspraxis

Tagungsnr.
2006TG05C
Von: 11.03.2006 14:00
Bis: 11.03.2006 19:00
Französische Friedrichstadtkirche

Inhalt

Warum ist das Private ein schützenswertes Gut? Warum achten wir strukturelle Trennlinien zwischen privaten und öffentlichen Bereichen? Warum gehört der Schutz der privaten Lebenssphäre zu unseren Grundrechten? Zwar lassen Fernsehsendungen wie „Big Brother“ Zweifel aufkommen, ob die Privatheit tatsächlich noch als Wert gilt. Doch werden andererseits immer wieder Befürchtungen laut, dass durch die neuen Sicherheitsstrategien oder generell durch neue informationstechnologische Entwicklungen die informationelle Privatheit permanent verletzt wird.

Den terroristischen Bedrohungen versuchen Sicherheitspolitiker mit immer intensiverer und verfeinerter Datenerfassung und Beobachtung von Bürgerinnen und Bürgern zu begegnen.

Um gegen Terrorismus und andere Formen besonders schwerer Kriminalität wirksam ermitteln zu können, dürfen auch private Wohnräume abgehört werden. Das Bundesverfassungsgericht hatte mit dem Urteil vom März 2004 die akustische Wohnraumüberwachung im Grundsatz für verfassungsgemäß erklärt, zugleich aber gefordert, dass im Gesetz Durchführungsvoraussetzungen aufgeführt werden, die eine Vielzahl rechtsstaatlicher Sicherungsinstrumente enthalten. Die Verfassung garantiert zwar nicht einen absoluten Schutz der Räume der Privatwohnung, wohl aber ein absoluten Schutz des Verhaltens in diesen Räumen, wenn es sich um die individuelle Entfaltung im „Kernbereich privater Lebensgestaltung“ handelt.

Wie lässt sich nun in der Praxis ein solch sorgfältiger und kritischer Umgang mit der akustischen Wohnraumüberwachung gewährleisten? Wie wirksam sind die datenschutzrechtlichen Schranken, wie werden sie kontrolliert? Gibt es unklare Auslegungsspielräume? Lassen sich in Zukunft die Datenfluten angesichts zunehmender Informationsvernetzung im europäischen Raum überhaupt noch wirksam kontrollieren? Woher leitet sich der Wert der Privatheit ab und warum muss die Privatsphäre grundsätzlich geschützt werden?

Wir wollen auf dieser Tagung die Erfahrungen mit der Anwendung des novellierten Gesetzes zur akustischen Wohnraumüberwachung in den Blick nehmen und unter anderem fragen, in welchem Verhältnis die Ermittlungserfolge zum Eingriff in die Privatsphäre stehen. Darüber hinaus soll darüber diskutiert werden, welches die Grundlagen des Rechts auf Privatheit sind, welche Dimensionen dieses Recht in der heutigen Informationsgesellschaft umfasst und wie die neuen Herausforderungen aussehen, denen sich die politischen Entscheidungsträger im Zusammenhang mit der weiteren Entwicklung der Informationstechnologien und der Informationserhebungen zu stellen haben.


Ulrike Poppe

Evangelische Akademie zu Berlin

Programm

14.00 Uhr Begrüßung und Einführung in die Tagung

Ulrike Poppe, Studienleiterin, Ev. Akademie zu Berlin


14.15 Uhr Warum ist das Private schützenswert?

Über die normativen Grundlagen des Privaten

Prof. Dr. Beate Rössler, Philosophin, Universität Amsterdam


15.15 Uhr Pause


15.30 Uhr Privatheit und Menschenwürde

Was heißt: Anerkennung eines absolut geschützten Kernbereichs privater Lebensführung?

Sebastian Müller, Jurist, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Deutschen Institut für Menschenrechte, Berlin


16.15 Uhr Kaffeepause


16.45 Uhr Überwachungsmaßnahmen auf dem Prüfstand

Beurteilungen aus der Sicht der Polizei und des Datenschutzes

Bernd Carstensen, Stellv. Vorsitzender und Pressesprecher des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Kiel

Prof. Dr. Hansjürgen Garstka, Jurist, TU-Berlin, Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz, Berlin

Moderation:

Dr. Christoph Bruch, Politikwissenschaftler, Mitglied des Vorstandes der Humanistischen Union


18.15 Uhr Grundrechtsgefährdungen durch erweiterte Datenerfassung

Zusammenfassung und Ausblick

Jerzy Montag, MdB


Ende gegen 19.00 Uhr

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Leitung

Ulrike Poppe

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