Deutschland und in den vergangenen Jahren besonders Russland erleben eine Zunahme von Fremdenfeindlichkeit und Gewalt gegen „fremd“ Aussehende und „anders“ Lebende. Beide Gesellschaften befinden sich nach den epochalen Umbrüchen am Beginn der 90er Jahre noch immer auf der Suche nach einer kollektiven Identität. Die Umbrüche haben nicht nur das Selbstverständnis eines großen Teils der jeweiligen Bevölkerung erschüttert, sondern auch Gewinner und Verlierer produziert. Die oft schwierige soziale Situation sowie narzisstische Kränkungen durch Bedeutungs- und Machtverluste führen in vielen Fällen dazu, die Schuld bei Anderen zu suchen, die der eigenen Gesellschaft vermeintlich oder tatsächlich fremd sind.
Die Deutsch-Russischen Herbstgespräche unternehmen den Versuch einer Bestandsaufnahme. Zudem soll der Zusammenhang zwischen prekärer Identitätssuche, wachsendem Rassismus und staatlicher nationaler Identitätspolitik diskutiert werden. Dabei geht es auch darum, die traditionellen Begriffe zu hinterfragen. Sind Nationalismus, Rassismus oder, vor allem in Russland, der Begriff des Faschismus weiter zur Beschreibung des Phänomens geeignet? Zum Schluss beschäftigt sich die Tagung mit bestehenden oder möglichen Strategien zur Bekämpfung von Rassismus und fremdenfeindlicher Gewalt in unseren beidenGesellschaften.
Dr. Azra Dzajic, Heinrich-Böll-Stiftung
Ludwig Mehlhorn, Evangelische Akademie zu Berlin
Stefan Melle, Deutsch-Russischer Austausch e.V.
Freitag, 17. November 2006
15.30 Uhr Anmeldung
16.30 Uhr Eröffnung und Einführung
17.00 Uhr Rassismus und fremdenfeindliche Gewalt
Vergleichende Bestandsaufnahme der aktuellen Situation
Prof. Dr. Hajo Funke, Freie Universität Berlin
Galina Koschewnikowa, Analysezentrum „Sova“, Moskau
Irina Kosterina, Forschungsinstitut Region, Staatliche Universität Uljanowsk
Moderation: Markus Wehner, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Berlin
19.00 Uhr Empfang der Stiftung Deutsch-Russischer Austausch, anschl. Buffet
Samstag, 18. November 2006
10.00 Uhr Rassismus und nationale Identitätspolitik
Fremdenfeindliche Gesinnung im Spannungsverhältnis von Nation, ethnischer Zugehörigkeit, historischem Erbe und gesellschaftlichem Umbruch
Andreas Umland, DAAD-Lektor in Kiew
Arsenij Roginski, Memorial Moskau
Moderation: Sabine Adler. Deutschlandfunk
11.30 Uhr Kaffeepause
12.00 Uhr Strategien zur Bekämpfung von Rassismus und fremdenfeindlicher Gewalt
Prof. Cornelius Weiss, Rektor a.D. der Universität Leipzig, Fraktionsvorsitzender der SPD im Landtag des Freistaats Sachsen
Robin Kendon, Mobiles Beratungsteam Frankfurt (Oder)
Jelena Omeltschenko, Forschungsinstitut Region, Staatliche Universität Uljanowsk
Igor Awerkijew, Permer Bürgerkammer
Moderation: Jens Siegert, Heinrich-Böll-Stiftung, Moskau
14.00 Uhr Mittagessen und Ende der Tagung