Vor zehn Jahren verfassten die evangelische und die katholische Kirche ihr Gemeinsames Wort „Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit“ - ein Meilenstein unter den sozialpolitischen Stellungnahmen der Kirchen. Die Beteiligung an diesem Prozess zog weite Kreise in der Gesellschaft, die ökumenische Zusammenarbeit gab dem Wort besonderes Gewicht. Doch was bleibt?
In den Jahren seit der Veröffentlichung haben beide Kirchen weitere sozialethische Stellungnahmen, Erklärungen zur Sozialpolitik und Denkschriften verfasst. Dies geschah vor dem Hintergrund erheblicher Veränderungen der Sozialstruktur und der politischen Kultur der Bundesrepublik. Der schmerzhafte Abschied vom sozialpolitischen Bezugsrahmen der „Bonner Republik“ und des „Rheinischen Kapitalismus“ schlug und schlägt sich auch in einigen kirchlichen Worten nieder. Deren sozialpolitische Stoßrichtung ist nicht selten innerkirchlich umstritten. An Begriffen wie „Eigenverantwortung“, „Beteiligung“ oder „Subsidiarität“ entstehen Dissense darüber, auf welchem Wege Gerechtigkeit heute anzustreben ist.
Auf welche sozialen Lagen, wirtschaftlichen Verhältnisse und politischen Trends sollen die Kirchen reagieren? Welche sozialethische Orientierungshilfen haben sie einer Gesellschaft zu bieten, deren kapitalistische Wirtschaftsstruktur im Umbruch ist? Welche Auslegung zentraler sozialethischer Konzepte ist heute erforderlich?
Das Kolloquium wird diese inhaltliche Diskussion mit der Frage nach der Wirksamkeit und den Entstehungsprozessen kirchlicher sozialethischer Worte verknüpfen: Wie kann die Kirche ihren einschlägigen Veröffentlichungen innerhalb der Medienlandschaft nachhaltige Aufmerksamkeit sichern? Welche Akteure werden an den Prozessen der Konsultation und Ausarbeitung beteiligt, welche Adressaten sind dabei angezielt?
Was heißt es heute für die Kirche, eine Stimme von Gewicht zu sein oder zu bleiben?
Dazu laden wir Sie herzlich ein!
Dr. Michael Hartmann
Evangelische Akademie zu Berlin
Dr. Maria-Luise Schneider
Katholische Akademie in Berlin
Prof. Dr. Bernhard Emunds
Hochschule Sankt Georgen
Dr. Jürgen Rinderspacher
Sozialwissenschaftliches Institut der EKD
Donnerstag, den 22. März 2007
12.00 Uhr Anmeldung und Mittagessen
13.45 Uhr Begrüßung
Dr. Michael Hartmann
I. Zehn Jahre danach: Rückblick und Bewertung
14.00 Uhr Warum war das Sozialwort so erfolgreich oder Wer hat das Sozialwort totgelobt?
Prof. Dr. Klaus Tanner, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Mitglied der Kammer für Öffentliche Verantwortung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland
Prof. Dr. Bernhard Emunds,
Lehrstuhl für christliche Gesellschaftsethik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule
Sankt Georgen, Frankfurt am Main
16.00 Uhr Kaffeepause
II. Inhalte und Anliegen der kirchlichen Sozialverkündigung heute
16.30 Uhr Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit - ein Jahrzehnt danach.
Muss die Sozialethik das Soziale neu denken?
Vortrag: Deutschland als Klassengesellschaft?
Prof. Dr. Hans-Peter Müller
Institut für Sozialwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin
Kommentar:
Prof. Dr. Michael Schramm
Lehrstuhl für Katholische Theologie, Universität Hohenheim
18.30 Uhr Abendessen
19.30 Uhr Vorfahrt für Eigenverantwortung:
Subsidiarität als Ordnungsprinzip für eine zukunftsfähige Gesellschaft?
Kurzvorträge:
Dr. Herrmann Josef Große Kracht
Institut für Christliche Sozialwissenschaften der Universität Münster
Prof. Dr. Hans-Richard Reuter
Direktor des Instituts für Ethik und angrenzende Sozialwissenschaften, Westfälische Wilhelms-
Universität Münster
21.30 Uhr Beisammensein
Freitag, den 23. März 2007
8.00 Uhr Morgenandacht
8.30 Uhr Frühstück
III. Ansprüche und Formen der Sozialverkündigung heute
9.30 Uhr Konsultationsformen und öffentliche Wirkung kirchlicher Sozialworte seit dem „Gemeinsamen Wort“
Roundtable mit:
Prof. Dr. Gerhard Wegner
Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD, Hannover
Prof. Dr. Hans Joachim Meyer
Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Berlin
Jürgen Wandel
Redakteur „Zeitzeichen“
Matthias Drobinski
Süddeutsche Zeitung
Moderation:
Dr. Michael Hartmann
11.00 Uhr Kaffeepause
11.30 Uhr Welchen Einfluss sollen die Kirchen auf die Politik nehmen?
Roundtable mit:
Pater Dr. Hans Langendörfer
Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn
Prälat Dr. Stephan Reimers, Berlin
Bevollmächtigter des Rates EKD
Prof. Dr. Gerhard Kruip
Forschungsinstitut für Philosophie Hannover
Hemker, Reinhold MdB
SPD-Fraktion
Moderation:
Dr. Maria-Luise Schneider
13.00 Uhr Mittagessen
Ende der Tagung, Abreise