Wenn Geld regiert: Korruption und Korruptionsbekämpfung
19. Deutsch-Russische Herbstgespräche
Vernichten, verderben, zerstören – das sind die Bedeutungen des lateinischen Verbs „corrumpere“, auf den unser Begriff „Korruption“ zurückgeht. Warum, in welcher Form und in welchem Ausmaß Korruption vernichtend und zerstörerisch wirkt, soll bei den 19. Deutsch-Russischen Herbstgesprächen am 7. und 8. November diskutiert werden. Im Mittelpunkt der Tagung „Schneller Vorteil, langes Nachsehen“ steht neben Deutschland und Russland auch die Ukraine.
„Die Unzufriedenheit mit Bestechlichkeit und Amtsmissbrauch unter Präsident Wiktor Janukowitsch gehörte zu den hauptsächlichen Motiven für die landesweiten „Euromaidan“-Proteste“, sagt Studienleiterin Dr. Claudia Schäfer. Zivilgesellschaftliche Kräfte hatten den Machtmissbrauch der politischen Führung dokumentiert und die Bevölkerung für das Thema sensibilisiert. Nun ist ein Regierungswechsel in Kiew vollzogen – aber was hat sich in Sachen Korruption getan? „Nach anfänglicher Euphorie“, betont Schäfer, „macht sich bei vielen Aktivistinnen und Aktivisten auch Resignation breit, weil alte Seilschaften nach wie vor das politische Geschehen bestimmen und der Kampf gegen Korruption nur mühsam vorangeht“.
Dass Korruption nicht nur als kriminelle Verzerrung politischer und wirtschaftlicher Regeln anzusehen ist, sondern auch als grundsätzlicher Hemmschuh für Demokratisierung, Modernisierung und wirtschaftliche Entwicklung wirkt, zeigt sich besonders im Blick auf die Situation in Russland. Das Land gilt als eines der korruptesten der Welt; der jährliche Schaden wird auf 300 Milliarden US-Dollar beziffert, was 15 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung entspricht. Neben der engen Verflechtung der politischen Spitze mit Großunternehmen und Milliardären spielt auch die alltägliche Korruption bei der Bevölkerung im Umgang mit Polizei, Gesundheits- und Bildungsbehörden eine prägende Rolle.
In Deutschland sorgen Affären wie zuletzt um den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff oder auch der zeitnahe Wechsel hochrangiger Politiker in die Wirtschaft für Diskussionsstoff. Obwohl die Korruptionsrate offiziell vergleichsweise niedrig ist, bleibt die Einflussnahme auf Mandatsträger durch Lobbyismus immer wieder ein Thema, die Grenzen zur Korruption sind schwammig.
Die Tagung will „westliche“ und „postsowjetische“ Korruptionsformen und ihre Auswirkungen beleuchten, Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausfinden, und Strategien zur Bekämpfung diskutieren. „Auch die Rolle der Medien wird dabei thematisiert werden“, kündigt Dr. Claudia Schäfer an. Auf Diskussionspanels und in Arbeitsforen werden realistische Ziele für eine deutsche Unterstützung der Korruptionsbekämpfung in Russland und der Ukraine und Ideen für eine weitere internationale zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit in diesem Bereich gesucht.
„Schneller Vorteil, langes Nachsehen“ wird von der Evangelischen Akademie gemeinsam mit dem Deutsch-Russischen Austausch e.V. durchgeführt. Das Programm und die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie hier.
Erschienen am 21.10.2014
Aktualisiert am 21.10.2014