„Die Kinder des Reiches werden hinausgestoßen“

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„Die Kinder des Reiches werden hinausgestoßen“

Carsten Jochum-Bortfeld über die christliche Enterbungslehre

In der biblischen Erzählung vom Hauptmann von Kapernaum bittet der nichtjüdische Hauptmann Jesus um Heilung für seinen gelähmten Knecht. In diesem Zusammenhang werden Jesus die Worte zugeschrieben: „Solchen Glauben habe ich in Israel bei keinem gefunden! Aber ich sage euch: Viele werden kommen von Osten und von Westen und mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen; aber die Kinder des Reichs werden hinausgestoßen in die äußerste Finsternis; da wird sein Heulen und Zähneklappern.“ (Matthäus 8,10-12)

Dieser Text wurde lange Zeit als biblischer Beleg dafür angeführt, dass Israel seinen Status als Volk Gottes verloren habe: Israel habe nicht erkannt, dass Jesus der von Gott gesandte Messias sei; es sei sogar schuld am Tod Jesu. Zur Strafe enterbt Gott das Volk Israel und setzt die heidenchristliche Kirche an dessen Stelle als das Neue Volk Israel.

In seinem Vortrag zeigt Carsten Jochum-Bortfeld, dass diese „Enterbungslehre“ der christlichen Theologie auf einer böswilligen Instrumentalisierung solcher Bibeltexte beruht. Wenn diese Texte als Berichte innerjüdischer Konflikte gelesen, und sprachlich korrekt übersetzt würden, dann ergäbe sich ein ganz andere Bedeutung: Mit der Bezeichnung „Kinder des Reiches“ seien aller Wahrscheinlichkeit nach die Jünger Jesu selber gemeint, da sie darauf hoffen, bald ins Reich Gottes aufgenommen zu werden. Dieser Begriff würde normalerweise nicht auf die „Kinder Israels“ angewendet. Deshalb müsse es Aufgabe christlicher Theologie vornehmlich sein, die Texte in ihrem geschichtlichen Kontext korrekt zu interpretieren, bevor Rückschlüsse auf spätere Konflikte oder die Gegenwart gezogen werden dürften.

In unserer Reihe Die Bibel neu entdecken stellen wechselnde Exeget*innen neue Bibelauslegungen vor, die der tradierten Stereotypisierung von Juden, Jüdinnen und Judentum entgegentreten.

Dr. Carsten Jochum-Bortfeld ist Professor für Neues Testament am Institut für Evangelische Theologie der Universität Hildesheim. Neben sozialgeschichtlicher Bibelauslegung gehört zu seinen Forschungsschwerpunkten der Antisemitismus in theologischen Wissenschaftskulturen. Er arbeitet im Vorstand des Vereins Bibel in gerechter Sprache mit. Buchveröffentlichung: Paulus in Ephesus. Eine Entdeckungsreise in die Zeit des Neuen Testaments, Gütersloh 2021.

Antisemitismuskritische Bibelauslegungen

Wie lassen sich die Klischees aufbrechen, mit denen biblische Texte und Motive aufgrund ihrer langen antijüdischen Auslegungsgeschichte behaftet sind? Vorstellungen also wie die vom „heuchlerischen“ Pharisäer, dem „Erwählungsdünkel“ Israels, einer „Verschwörung“ jüdischer Eliten oder einer …

2022 8 Dez

Vortrag

Online

„Die Kinder des Reiches werden hinausgestoßen“

C. Jochum-Bortfeld über die christliche Enterbungslehre

Wie lassen sich die biblischen Geschichten ohne antijüdische Projektionsmuster erzählen? In unserer Reihe antisemitismuskritischer Bibelauslegungen spricht Carsten Jochum-Bortfeld anhand von Matthäus 8,12 über die Enterbungslehre in der… weiter
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