Interdisziplinäres Expert*innen-Treffen
Zur Situation:
Die Debatte über Antisemitismus, seine Ursachen, seine Ausprägung, seine Träger, und seine gegenwärtige Relevanz ist fast bekenntnishaft umstritten. Der Vorwurf bzw. die Klage über Tabuisierung ist schnell bei der Hand. Manche vergleichende Forschung wird genutzt, um die Bedeutung von Antisemitismus gering zu achten. Gleichzeitig wird wissenschaftliche und damit notwendig vergleichende Forschung verdächtigt, entweder das Thema Antisemitismus oder andere Rassismen hintan zu stellen. In diesem umstrittenen Feld haben wir Expert*innen zum nachdenklichen Gespräch eingeladen, das sowohl nach dem Spezifischen des Antisemitismus fragt, wie auch nach den Überlappungen mit anderen Syndromen Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Dabei sind wir uns bewusst, dass wir auch auf der begrifflichen Ebene immer noch nach geeigneten Kategorien suchen. Das Wissen um die politische Brisanz, wie auch um das noch Offene in den Begriffsbildungen und damit auch auf der Handlungsebene der Bekämpfung dieser Hassformen, veranlasst uns, diese Tagung interdisziplinär und mit internationalen Elementen sowie als deutschisraelische Kooperation durchzuführen. Diese deutsch-israelische Dimension macht die Gesprächslage nicht weniger aufgeladen. In Israel ist die Debatte über Antisemitismus existentiell, weil der Antisemitismus oder wahlweise die Israelfeindschaft der umliegenden staatlichen Formationen wenig Zweifel an aggressiven Absichten lässt. Gleichzeitig kommt es dort wie hier immer wieder zu Instrumentalisierungen, die eigene Ideologien der Ungleichwertigkeit übersehen lassen. Zusätzlich ist noch umstritten, welche Formen der Israelkritik nun von antisemitischen Haltungen zeugen. Somit ist eine solche Art Gespräch über die sogenannte Intersektionalität, also jenes Überlappen von verschiedenen Ideologien der Ungleichwertigkeit auf große Offenheit und gleichzeitig viel Geduld mit je differierenden Positionen angewiesen. Wir wollen die relevanten Positionen miteinander ins Gespräch bringen und tatsächlich im Verstehen der komplexen Sach- und Gemengelage einen Schritt weiter, kommen. Deshalb soll ein Arbeitsklima geschaffen werden, in dem die Gegenpositionen und die offenen Fragen und Antworten ausgehalten und in produktives Nachdenken umgewandelt werden. Kontroversen sind in diesem Verständnis keine Bekenntnis-, sondern Lernsituationen.
Wir laden herzlich ein:
Dr. Christian Staffa, Studienleiter Demokratische Kultur und Kirche,
Evangelische Akademie zu Berlin
Prof. Andreas Zick, Leiter des Instituts für interdisziplinäre Konfliktund
Gewaltforschung an der Universität Bielefeld
Prof. Stefanie Schüler-Springorum, Zentrum für Antisemitismusforschung,
TU Berlin
Mittwoch, 30. November 2016
Ab
11.30 Uhr Anmeldung und kleiner Imbiss
13.00 Uhr Begrüßungen:
Dr. Christian Staffa, Studienleiter Demokratische Kultur und Kirche, Evangelische Akademie zu Berlin
Prof. Andreas Zick, Leiter des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) an der Universität Bielefeld
Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn
13.30 Uhr Impulsreferate
Antisemitismus kommt selten alleine – Kontextualisierung des Judenhasses im Kontext von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (GMF) – Europäische Perspektiven
Prof. Andreas Zick
Dr. Luca Varadi, Soziologin Central European University, Budapest
14.00 Uhr Kommentare
Deidre Berger, Direktorin American Jewish Committee (AJC), Berlin
Prof. Dr. Dr. h.c. Monika Schwarz-Friesel, Antisemitismusforscherin, TU Berlin
Yariv Lapid, Direktor des Zentrums für Humanistische Erziehung im Museum der Ghettokämpfer Israel
14.30 Uhr Diskussion im Plenum
Moderation Dr. Christian Staffa
15.30 Uhr Kaffeepause
16.00 Uhr Antisemitismus kommt auch allein – zur historischen Beständigkeit und Funktion von Antisemitismus
Impulsreferat
Prof. Samuel Salzborn, Institut für Politikwissenschaft, Georg-August-Universität Göttingen
Koreferat „Kommt Antisemitismus auch alleine?“
Prof. Dr. Doron Kiesel, wissenschaftlicher Direktor der Bildungsabteilung des Zentralrats der Juden, Frankfurt
16.30 Uhr Kommentare
Burak Yilmaz, Gruppenleiter beim Projekt „Junge Muslime in Auschwitz“
Prof. Stefanie Schüler-Springorum, Leiterin des Zentrums für Antisemitismusforschung, Berlin
Dr. Klaus Holz, Generalsekretär der Evangelischen Akademien in Deutschland
17.00 Uhr Diskussionen
18.00 Uhr Abendessen
20.00 Uhr Rassismus – Persönliche Erfahrungen
Michaela Dotschy Reinhardt, Jazzsängerin und
Buchautorin, Berlin
Auseinandersetzung mit Antisemitismus:Gelebte Wirklichkeit
Annetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, Berlin
Moderation: Anita Haviv, Publizistin, Israel
Donnerstag, 1. Dezember 2016
9.00 Uhr Aufteilung in fünf Arbeitsgruppen zu unterschiedlichen Fragestellungen mit der Leitfrage: „Wie können theoretische Erkenntnisse für praktische Arbeit umgesetzt werden?“
Dr. Leah Carola Czollek, Dozentin und stellvertretende Frauenbeauftragte an der Alice-Salomon-Hochschule, Berlin
Heike Fahrun, Trainerin Jugend- und Erwachsenenbildung, Berlin, mit Guy Band, Historiker, Israel
Yariv Lapid
Prof. Dr. Doron Kiesel
Burak Yilmaz, mit Susanne Lohaus,
Heroes – Strohhalm e.V., Berlin
11.30 Uhr Präsentation und Diskussion der Ergebnisse
Überlegungen zur Dokumentation und Weiterarbeit,
Erarbeitung von Empfehlungen
13.00 Uhr Mittagessen
Das Podiumsgespräch findet im Auswärtigen Amt statt.
Es ist bereits ausgebucht!
14.00 Uhr Podium
Antisemitismus kommt selten allein
Prof. Andreas Zick
Annetta Kahane
Yariv Lapid
Prof. Stefanie Schüler-Springorum
Moderation: Anita Haviv und Dr. Christian Staffa
16.00 Uhr Verabschiedung
Ende der Tagung
Änderungen des Programms vorbehalten!
Diese Veranstaltung wird ganz oder teilweise mit Bild und Ton aufgezeichnet.
Mit Ihrer Teilnahme erklären Sie Ihr Einverständnis, dass das Bild- und Tonmaterial für Dokumentationszwecke sowie im Rahmen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Veranstalters eingesetzt werden darf.