Der Flüchtlingsschutz wird torpediert und das damit verbundene Schutzversprechen ist in Gefahr – weltweit, in Europa und in Deutschland. Mit Hilfe einer Notstandsrhetorik werden immer öfter grundlegende Rechte geflüchteter Menschen ausgehebelt. Doch obwohl die Zahl der Asylanträge in Deutschland abnimmt, wird weder das Leid von flüchtenden Menschen noch ihr Schutzbedarf geringer. Im Flüchtlingsschutz geht es daher um jeden Einzelfall.
Seit 25 Jahren stehen die Organisationen, Verbände und Institutionen hinter dem Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz, so heterogen sie sein mögen, zusammen für das gemeinsame Ziel ein, die Rechte geflüchteter Menschen zu schützen und zu stärken. Gemeinsam suchen wir daher nach menschenrechtskonformen Lösungen im Flüchtlingsschutz. Wir setzen uns für einen menschenwürdigen Umgang und für eine faktenbasierte Asylpolitik ein, die auf den Prinzipen der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenwürde basieren.
Auch beim 25. Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz setzen wir uns mit lauter Stimme für die Durchsetzung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Menschenrechte ein. Diese humanitären Grundsätze sind große Errungenschaften und das Ergebnis eines langwierigen Einsatzes für geflüchtete Menschen und mit ihnen – auch als notwendige Konsequenz aus den Grausamkeiten des Zweiten Weltkriegs.
Verschärfungen für asylsuchende Menschen, Zurückweisungen an den Grenzen, die Aussetzung des Familiennachzuges, Abschiebung in unsichere Herkunftsländer und Drittstaaten, haftähnliche Unterbringungsbedingungen oder auch die Blockade sicherer und legaler Fluchtwege stehen im Widerspruch zu diesen Schutzrechten. Dabei zwingen auch heute Kriege und Gewalt, Armut und Hungerkatastrophen, Naturzerstörung und Klimawandel Menschen zur Flucht.
Auch dieses Jahr betrachten wir deshalb eine Vielzahl unterschiedlicher Problemlagen, darunter die Suche nach Auswegen aus der Krise des Asylrechts, die EU-Reform der Rückführungsrichtlinie, die Situation unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter und die Veränderungen in den zehn Jahren seit dem Sommer der Migration 2015. Zu all diesen und vielen weiteren Themen werden wir diskutieren, Ideen entwickeln, Forderungen formulieren und in einen Dialog mit Entscheidungsträger*innen treten.
Montag, 23 Juni 2025
Ab
08:00 Uhr Anmeldung
09:00 Uhr Begrüßung
Dr. Friederike Krippner und Dr. Max Oliver Schmidt, Evangelische Akademie zu Berlin
09:15 Uhr Eröffnungsrede
Katharina Thote, UNHCR Deutschland
09:30 Uhr Notstand vs. Asylrecht: Eine rechtliche Einordnung
Prof.in Dr. Nora Markard, Universität Münster
09:50 Uhr Krise des Asylrechts? Ursachen, Folgen Auswege
Prof.in Dr. Nora Markard, Universität Münster
Karl Kopp, Geschäftsführer PRO ASYL
Lukas Gahleitner-Gertz, Jurist und Sprecher der Asylkoordination Österreich
N.N., BMI
11:00 Uhr Kaffeepause
11:30 Uhr Reform der Rückführungsrichtlinie und EU Return hubs
Olivia Sundberg Diez, Amnesty International
Tamás Molnár, EU Agency for Fundamental Right
Silvia Carta, PICUM (angefragt)
Corinna Ullrich, Director International and Horizontal Affairs, EU Commission DG Home
13:00 Uhr Mittagessen und Stationengespräche
14:45 Uhr Hangarmusik Orchester
Einführung durch Leila Weber und Andreas Knapp
15:00 Uhr Keynote
David Yambio, President of Refugees in Lybia
15:45 Uhr Hangarmusik
16:00 Uhr Pein und Paragraphen - Film-Input
Cem Kaya, Filmregisseur
16:30 Uhr – 18:30 Uhr Arbeitsforen mit Kaffeepause
AF1: Familiennachzug zu Schutzberechtigten: Umsetzung der neuen Pläne der Bundesregierung zur Begrenzung des Familiennachzugs und die Bedeutung in der Praxis
Vor dem Hintergrund der Diskussionen um sichere Zugangswege und Integration von Schutzsuchenden und Schutzberechtigten in Deutschland, haben Familiennachzugsverfahren eine große Bedeutung. Diese sind für Familien ein Weg, um konflikt- oder fluchtbedingte Familientrennungen zu überwinden und in Deutschland ohne die Sorge um engste Angehörige, wie Kinder und Ehepartner*innen, anzukommen. In dem Forum soll es darum gehen, wie die neuen Pläne der Bundesregierung zur Begrenzung des Familiennachzugs rechtlich umgesetzt werden, und was dies für die Betroffenen in der Praxis bedeutet. Hierbei soll es insbesondere um die Frage gehen, wie genau der Nachzug zu subsidiär Schutzberechtigten ausgestaltet wird, was die Aussetzung für die Verwaltung bedeutet, ob es für betroffene Familien dennoch Möglichkeiten der Zusammenführung gibt, und inwieweit Betroffene und Angehörigen alternative Lösungen verfolgen können.
AF2: Arbeitstitel: Zwischen Anspruch und Realität: Unterstützung für unbegleitete minderjährige Geflüchtete in der Praxis
Unbegleitete minderjährige Geflüchtete haben ein Recht auf besonderen Schutz – doch die Realität sieht oft anders aus. Dazu berichten (ehemalige) unbegleitete Minderjährige in diesem Arbeitsforum von ihren Erfahrungen und Problemen, vor allem in den Bereichen Vormundschaft und rechtliche Vertretung. Anschließend diskutieren Vertreter*innen aus Bundesbehörden, Verwaltung und Fachverbänden Herausforderungen und Lösungsansätze. Was hindert den Anspruch, eine Interessensvertretung ab Tag 1 zu gewährleisten? Wieso ist die Situation in den Ämtern so angespannt und welche Probleme entstehen daraus für unbegleitete Minderjährige? Welche Maßnahmen braucht es, um die Rechte von Kindern und Jugendlichen zu wahren und ihren Bedarfen nachzukommen? Aspekte aus den Bereichen Unterbringung, Umsetzung der GEAS-Reform und Alterseinschätzung kommen ebenfalls zur Sprache.
AF3: Existenzminimum gestrichen – Wie weit dürfen Leistungseinschränkungen gehen?
AF4: Zurückweisungen an den deutschen Grenzen: Praxis und Recht
Seit dem 7. Mai 2025 gilt eine neue Realität an den deutschen Binnengrenzen: Auch Asylsuchenden soll die Einreise verweigert werden. Schon in den letzten zwei Jahren ist die Zahl von Zurückweisungen an deutschen Grenzen deutlich gestiegen, auch von Menschen aus Hauptherkunftsländern von Asylsuchenden. Welche Neuerungen gibt es entsprechend konkret seit dem Regierungswechsel vor Ort und welche Auswirkungen haben diese? Rechtlich war die Einordnung lange klar: Die Dublin-Verordnung überlagert deutsches Recht und Zurückweisungen von Asylsuchenden sind nicht erlaubt. Ändert eine Anweisung des Innenministers diese Situation und könnte eine Notlage hierfür in Betracht kommen? Diesen Fragen geht das Arbeitsforum nach und bezieht auch Perspektiven aus Nachbarstaaten ein.
AF5: Wege aus dem Labyrinth der Migrationsdatenbanken? Datenschutz als Geflüchtetenschutz
Die Systeme zur Sammlung und Weiterverarbeitung der Daten von Geflüchteten werden immer komplexer und umfangreicher. Auch die neue Bundesregierung will die Digitalisierung der Migrationsverwaltung „mit Nachdruck fortführen, das Ausländerzentralregister ausbauen und den Datenaustausch verbessern“. Das Arbeitsforum soll die aktuellen Entwicklungen sowohl in Deutschland als auch auf EU-Ebene beleuchten und diskutieren, wie angesichts dessen die Rechte der Betroffenen besser geschützt werden können.
Kelly Bescherer, Leuphana Universität Lüneburg & Kontakt- und Beratungsstelle für Flüchtlinge und Migrant_innen Berlin
Sarah Lincoln, Rechtsanwältin und Legal Director, Gesellschaft für Freiheitsrechte
Thilo Weichert, Netzwerk Datenschutzexpertise
Moderation: Eric Töpfer, Deutsches Institut für Menschenrechte
AF6: Krank, schutzbedürftig – und trotzdem abschiebbar? Eine kritische Betrachtung aus Medizin, Recht und Praxis
Geflüchtete Menschen mit Behinderungen – etwa mit chronischen Erkrankungen, psychischen Beeinträchtigungen, Autismus, Gehörlosigkeit oder anderen Beeinträchtigungen – gelten als besonders schutzbedürftig. Und doch werden sie abgeschoben. Schutz wird oft versagt, weil Atteste nicht anerkannt, Bedarfe zu spät oder gar nicht festgestellt und Herkunftsländer realitätsfern eingeschätzt werden. In diesem Arbeitsforum soll die Schutz- und Rückführungspraxis in Bezug auf Menschen mit Behinderungen aus Perspektiven der Medizin, des (Völker-)rechts und der aktivistischen Arbeit beleuchtet und mit den Teilnehmenden diskutiert werden. Gemeinsam wollen wir Lücken benennen, Erfahrungen teilen und konkrete Empfehlungen für eine solidarische, menschenrechtsbasierte Beratungspraxis entwickeln.
Dabei geht es unter anderem um die Fragen: Was braucht es, damit Bedarfe frühzeitig erkannt, Behinderungen rechtzeitig anerkannt und rechtlich geltend gemacht werden können? Was fordert die UN-Behindertenrechtskonvention (und die UN-Kinderrechtskonvention) und ist die deutsche Praxis mit völkerrechtlichen Vorgaben vereinbar? Wie schützt und unterstützt man Menschen mit Behinderungen (rechtlich) in solchen Situationen bestmöglich?
Sophia Eckert, LL.M., Politische Referentin Asyl, Migration und Behinderung, Handicap International - Crossroads
Rex Osa, Aktivist und Gründer von Refugees4Refugees
Dr. Luciana Degano Kieser, Ärztin für Psychiatrie, Systemische Therapie, Master of Public Health, Zentrum Überleben
Moderation; Claire Deery Vorstandsvorsitzende, Niedersächsischer Flüchtlingsrat, und Fachanwältin für Migrationsrecht
AF7: Rechtsstaatlichkeit auf dem Rückzug - Prozessuale Änderungen im Asylverfahren
Die Fairness von Verwaltungs- und Gerichtsverfahren ist zentral für einen funktionierenden Rechtsstaat. Im Koalitionsvertrag hat sich die Bundesregierung auf grundlegende asylrechtliche Verfahrensänderungen geeinigt, wie bspw. die Einrichtung besonderer Verwaltungsgerichte, die Abkehr vom Amtsermittlungsgrundsatz und mögliche Änderungen im Instanzenzug. Was bedeuten diese Änderungen für Asylsuchende in der Praxis? Wie werden sie die Beratungsarbeit und die Arbeit von Rechtsanwält*innen prägen und wie beurteilen Verwaltungsrichter*innen die möglichen Änderungen? In diesem Arbeitsforum soll näher beleuchtet und diskutiert werden, was diese Änderungen für den Asylprozess tatsächlich bedeuten würden und welche Auswirkungen dies auf Asylsuchende und andere Beteiligte hätte.
18:30 Uhr Essen
Dienstag, 24. Juni 2025
08:30 Uhr Willkommenskaffee
09:00 Uhr Grußwort
Dr. Christian Stäblein, Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und Beauftragter des Rates der EKD für Flüchtlingssfragen
09:15 Uhr Um wessen Sicherheit geht es?
Said Etris Hashemi, Initiative 19. Februar Hanau
09:45 Uhr 2015 - 10 Jahre Sommer der Flucht_Migration
Christian Jakob, Redakteur taz
Nour Al Zoubi, Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt (angefragt)
Filippo Smaldino, Bürgermeister Mühlenbecker Land (angefragt)
Moderation: Wiebke Judith
10:45 Uhr Pause mit Imbiss
11:15 Uhr Wie sieht eine fakten- und evidenzbasierte Asylpolitik aus?
Dr. Franck Düvell, Universität Osnabrück
11:45 Uhr Bundestagsabgeordnete im Gespräch
Clara Bünger, MdB, Die Linke
Filiz Polat, MdB Bündnis 90/Die Grünen (angefragt)
SPD Fraktion (angefragt)
CDU Fraktion (angefragt)
13:00 Uhr Zwischen Hoffnung und Ungewissheit - Aktuelles zur Lage in Syrien und dem Schutz von Syrer*innen in Deutschland
Dr. Michael Griesbeck, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
Nahla Osman, Rechtsanwältin
Danila Zizi, Country Director Syria, Handicap International
Tareq Alaows, Pro Asyl
Moderation: Hiba Obaid, Journalistin
14:30 Uhr Gemeinsamer Abschluss
14:45 Uhr Ende
Die Veranstaltung wird für Dokumentationszwecke sowie im Rahmen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ganz oder teilweise mit Bild und Ton aufgezeichnet. Wenn Sie nicht fotografiert werden möchten, nehmen Sie bitte im gekennzeichneten „Fotofreien Bereich“ Platz.
Änderungen des Programmablaufs vorbehalten.