Gerade in progressiven Milieus gibt es vermehrt Spannungen, die sich oft in erbitterten Debatten, gegenseitigen Ausschlüssen und einem Klima des Misstrauens entladen. Spätestens seit dem Hamas-Angriff auf Israel vom 7. Oktober 2023 zeigt sich: Antisemitismus tritt in Teilen linker, feministischer oder postkolonialer Szenen offen zutage – oder wird durch Schweigen legitimiert. Warum aber stehen sich Akteure, die sich dem Kampf gegen Diskriminierung verschrieben haben, in diesen Fragen mitunter so feindselig gegenüber?
Der Vortrag beleuchtet die ideologischen Grundlagen, aus denen sich diese verhärteten Fronten entwickelt haben. Er fragt nach den Unvereinbarkeiten zwischen Antisemitismuskritik und postkolonialer Theorie. Welche Wege könnte es geben, um Polarisierungen zu überwinden, ohne die Kritikfähigkeit aufzugeben?
Saba-Nur Cheema ist Politologin, Publizistin und Antirassismus-Trainerin. Sie studierte Politikwissenschaft, Geschichte und Volkswirtschaftslehre an der Universität Frankfurt. Ab 2014 war sie als Trainerin für historisch-politische Bildung an der Bildungsstätte Anne Frank aktiv, wo sie in den Folgejahren auch die Leitung der pädagogischen Programme übernahm. Schwerpunkte ihrer Arbeit bilden die Themen Diversität, muslimisch-jüdischer Dialog sowie das Verhältnis von Rassismus und Antisemitismus. Seit 2021 ist sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Frankfurt und forscht dort im Rahmen des Projekts Antisemitismus in pädagogischen Kontexten. Religiös codierte Differenzkonstruktionen in der frühen und mittleren Kindheit. Cheema ist Mitglied des Unabhängigen Expertenkreis Muslimfeindlichkeit und betreibt zusammen mit Meron Mendel die Kolumne Muslimisch-jüdisches Abendbrot im Feuilleton der FAZ. Beide wurden für ihr gesellschaftliches Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz, der Buber-Rosenzweig-Medaille, und dem Hermann-Sinsheimer-Preis ausgezeichnet.