Familien im Blick

Familien im Blick

Sommerfest 2025 auf Schwanenwerder

© Sandra Schröder / EAzB

Beim Sommerfest der Akademie drehte sich in diesem Jahr alles um die Familie – ganz im Sinne unseres Jahresthemas: Familie 2025 – zwischen Ideal und Wirklichkeit. Denn die sozialen Realitäten von Familie sind bunt, das vorherrschende Bild von ihr aber ist weiterhin an der bürgerlichen Kleinfamilie ausgerichtet. Gemeinsam mit Gästen aus Wissenschaft und Kunst nahmen wir deshalb in der Evangelischen Bildungsstätte auf Schwanenwerder und vor allem in ihrem weitläufigen Garten den Sehnsuchtsort Familie in ganz unterschiedlichen Facetten in den Blick. Daneben gab es reichlich Zeit zu Begegnung und persönlichem Gespräch.

Auf dem Podium mit der Soziologin Almut Peukert und Akademiedirektorin Friederike Krippner ging es um gelebte Realitäten von Familie. Das Leitbild der bürgerlichen Kleinfamilie aus Vater, Mutter und eher nicht zu vielen Kindern sei zwar mit der Industrialisierung entstanden, dann aber lange gar nicht umgesetzt worden, so Peukert – in Deutschland eigentlich nur in den 1950er Jahren in der Bundesrepublik. Dass dieses Bild trotzdem so beharrlich als Norm gepflegt werde, erklärte sie unter anderem mit dem menschlichen Bedürfnis nach „Komplexitätsreduktion“.

Allen gesellschaftlichen Veränderungen zum Trotz zeige sich nach wie vor eine Kluft zwischen den Geschlechtern bei der Verteilung der Sorgearbeit, betonte Peukert, Juniorprofessorin für Soziologie an der Universität Hamburg. Habe dieser „Gender-Care-Gap“ zwischen Müttern und Vätern im Jahr 2020 noch 1 Stunde und 30 Minuten betragen, so seien es in der jüngsten Studie immer noch 1 Stunde und 15 Minuten: „Diese Zeit leisten Mütter pro Tag mehr. Die Belastung ist nie gleich verteilt, auch wenn es ‚nur‘ um Hausarbeit geht“, sagte Peukert.

In den vergangenen 20 Jahren sei zwar die Erwerbsarbeitszeit von Frauen gestiegen, ihre Sorgearbeit aber nicht in gleichem Maße zurückgegangen. Und obwohl in Umfragen zwei Drittel der Paare angäben, Erwerbs- und Sorgearbeit gleichberechtigt aufteilen zu wollen, scheiterten sie meist an der Umsetzung. Zu den Gründen gehörten neben Rahmenbedingungen wie der Verfügbarkeit von Betreuungseinrichtungen oder der Höhe des Elterngeldes auch kulturelle Faktoren: „Noch immer ist es nicht selbstverständlich, dass Väter Elternzeit machen.“ Peukerts Fazit: „Es gibt erste Indizien, aber es gibt noch viel zu tun, wenn wir auf gleiche Chancen aus sind.“

Ein Buch als Denkmal für „unsichtbare“ Frauen

An einer weiteren Themenstation las die Autorin Christina Maria Landerl aus ihrem Werk „Das Buch Helga“ – einer literarischen Annäherung an ihre früh verstorbene Mutter. Diese war als Tochter, Ehefrau und Mutter so „unsichtbar“ gemacht worden, dass die Familie nach ihrem Tod nur schwer Worte für sie fand. „Das Buch ist auch ein Denkmal für die Mütter; diese Müttergeneration wurde nicht so viel gesehen“, sagte Landerl im Gespräch mit Kristina Herbst, Referentin des Akademie-Projekts Bildstörungen. Dabei sei ihre Mutter – anders als viele Frauen zu dieser Zeit – sogar berufstätig gewesen: „Sie hatte dafür gekämpft, diese Ausbildung zu machen und diesen Weg zu gehen.“

Inwieweit beschreibt das Buch die Verstorbene also exemplarisch als Frau und Mutter? „Was ich hier schreibe über meine Mutter, ist eine Interpretation“, so die Autorin. „Für mich war es bereichernd und heilsam. Es geht viel um mich, auch wenn ich versucht habe, mich da rauszuhalten.“ Inwieweit ist es dabei gelungen, die titelgebende Mutter Helga aus der Unsichtbarkeit zu holen? „Ich habe das Gefühl, dass ich ein Bild zeichnen konnte, und ich hatte vorher gar keins“, sagte Landerl.

Nur mit Rhythmen und Melodien aus seinem Mund sowie mit einem Mikrofon und einem begeisterten Publikum brachte Daniel Mandolini alias „Mando Beatbox“ eine Beatbox-Show für die ganze Familie auf die Bühne. Dabei kamen Jung und Alt nicht nur als Zuschauerinnen und Zuschauer, sondern auch aktiv am Mikrofon zum Einsatz.

Bei der Abschlussandacht am Havelufer machte Silke Radosh-Hinder, Superintendentin im Kirchenkreis Berlin-Mitte, Mut zum Anderssein und dazu, sich der Macht dessen zu verweigern, was „die Leute“ sagen. Jeder einzelne Mensch könne anderen einen Neuanfang ermöglichen, betonte sie in Anlehnung an Hannah Arendt. Ein einziger Mensch – ein einziges Sehen und Vertrauen – könne zum Beispiel für Menschen aus schwer belasteten Familienverhältnissen den entscheidenden Unterschied machen. 

Musikalisch bereichert wurde die Andacht durch den Kinderchor der Samariter-Auferstehungsgemeinde unter der Leitung von Kantorin Constanze Hosemann.

Jahresthema Familie

Den Brüchen und Spannungen zwischen gesellschaftlichen Bildern und Realitäten von Familie im Jahr 2025 nähern wir uns schon seit Jahresbeginn in einer Reihe von Veranstaltungen mit Expert*innen aus Wissenschaft, Kirche und Politik. In intergenerationellen Workshops und Online-Abendveranstaltungen geht es auch darum, inwieweit Religion und insbesondere der Protestantismus unsere Vorstellungen davon prägt, was Familie sein soll oder könnte.

Familie 2025

Zwischen Ideal und Wirklichkeit

Familie begegnet uns im Jahr 2025 in Form ganz unterschiedlicher Fürsorgebeziehungen: Eltern tragen mit oder ohne Trauschein, allein wie auch mit getrennten oder neuen Partner*innen Verantwortung für Kinder. Erwachsene Kinder kümmern sich als Paare oder Geschwister um pflegebedürftige Eltern. …

Das Private ist politisch!

Gleichstellung als gesellschaftlicher Auftrag

Nur 32,4 Prozent der Abgeordneten im neuen Bundestag sind Frauen. Nach wie vor gibt es einen empfindlichen Unterschied in der Bezahlung von Frauen und Männern. Frauen verdienen 16 Prozent weniger pro Stunde als Männer. Rechnet man strukturelle Ungleichheiten heraus, wie etwa Beschäftigungsumfang …

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Krippner, Friederike 2020

Dr. Friederike Krippner

Akademiedirektorin

Telefon (030) 203 55 - 505

Jahresthema Familie 2025
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