„Christliche Signatur des Antisemitismus thematisieren“

„Christliche Signatur des Antisemitismus thematisieren“

Sammelband zu Schulbüchern aus jüdisch-christlicher Perspektive

© alexkich / Adobe Stock

Antisemitismuskritik in der religionspädagogischen Praxis benötigt Bildungsmaterialien, die die christliche Signatur des Antisemitismus thematisieren. Dies ist der Kernpunkt des Beitrags von Kristina Herbst und Christian Staffa in dem soeben erschienenen Buch „Inventur. Schulbücher jüdisch-christlich bedenken“. Staffa und Herbst gehen davon aus, dass die Beschäftigung mit Antisemitismus im Kontext von Religionsschulbüchern einer von vielen Ausgangspunkten für antisemitismuskritisches Veränderungspotenzial ist. Die Publikation enthält auch einen Beitrag von Katharina von Kellenbach und Anne Eichhorst vom Projekt Bildstörungen der Akademie.

Katharina von Kellenbach (Text) und Anne Eichhorst (Illustrationen) gehen der Frage nach, wie das Verhältnis zwischen Judentum, Christentum und auch dem Islam sowohl religionsgeschichtlich als auch theologisch in Bildern angemessen dargestellt werden kann. Es sei üblich, von den jüdischen Wurzeln des Christentums zu sprechen. „Aber dieses Bild ist problematisch, wenn damit das Judentum zur Vorgeschichte und Nährboden des Christentums wird“, schreibt Katharina von Kellenbach. „Deshalb haben wir neue Bilder erarbeitet: Das eine zeigt Judentum und Christentum als zwei Hälften eines Baumes, die sich – biblisch betrachtet vom Punkt der der Zerstörung des Tempels in Jerusalem – gleichberechtigt entwickeln; das andere veranschaulicht die Idee eines unterirdischen Wurzelsystems, das sich durch die Jahrhunderte hindurch immer wieder verzweigt und verwächst.“ In dieses Bild sei auch der Islam mit einzubauen.

Der Text von Christian Staffa und Kristina Herbst basiert wesentlich auf ihren Erfahrungen mit einem mehrjährigen Schulprojekt, bei dem Antisemitismus in Verbindung mit dem Thema Verschwörung bearbeitet wurde. Die Beschäftigung mit Religionsschulbüchern und den darin reproduzierten antijüdischen Bildern habe gezeigt, wie fest eingeschrieben und anschlussfähig Ressentiments christlichen Ursprungs an gegenwärtigen Antisemitismus seien und wie diese immer noch wirken.

Die große Leerstelle von Bildungsmaterialien zur christlichen Signatur des Antisemitismus gelte vor allem „hinsichtlich der Verbindung zwischen aktuellen (scheinbar) säkularen Erscheinungsformen antisemitischer Einstellungen und der christlichen antijüdischen Tradition sowie im Blick auf eine theologische Auseinandersetzung mit diesen“, schreiben die Referentin des Bildstörungen-Projekts und der Studienleiter für Demokratische Kultur und Kirche. Für einen antisemitismuskritischen Bildungsprozess sei zunächst die Wirkung von Stereotypen und Bildern wichtig. „Oft unbewusst reproduzierte antijüdische Motive führen dazu, dass diese immer weitergetragen werden, ohne Reflexion und Verstehensprozess.“

Zur kritischen Bearbeitung des Themas gehöre auch, die Wirkung solcher Bilder im Sinne der Funktion von Antisemitismus zu verstehen: „Was bewirkt Antisemitismus für Menschen, die solche Narrative nutzen oder verbreiten? Welchen Zweck erfüllen antisemitische Einstellungen und Positionen? Genau hier lässt sich in der Analyse christlicher antijüdischer Konstruktionen lernen.“ Ziel eines antisemitismuskritischen Bildungsprozesses müsse es sein, Antisemitismus „als gegenwärtige Struktur und Signatur der eigenen Lebenswelt wahrzunehmen, die christlichen Traditionsbestände darin zu entdecken und damit die Funktions- und Wirkungsmechanismen von antisemitischen Weltbildern sowohl politisch und gesellschaftlich als auch theologisch und für die christliche Identität zu verstehen“.

Der Sammelband ist im Verlang Beltz Juventa unter einer Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht und steht als E-Book bzw. PDF kostenfrei zum Download bereit. 

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Dr. Christian Staffa

Studienleiter für Demokratische Kultur und Kirche

Telefon (030) 203 55 - 411

Kristina Herbst

Projektreferentin „Bildstörungen“

Telefon (030) 203 55 - 516

Prof. Dr. Katharina von Kellenbach, PhD

Projektstudienleiterin „Bildstörungen"

Eichhorst, Anne

Anne Eichhorst

Veranstaltungsorganisation, Assistenz des Antisemitismusbeauftragten der EKD

Telefon (030) 203 55 - 407

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